Ein Freund schickte mir ein Meme. Ein Screenshot von einem queeren Aktivisten mit Palästina-Flagge. Darüber die Worte: „Queers for Palestine“.
Ich wollte spontan einen Tweet daraus machen. Zwei Varianten fielen mir ein:
„Queers for Palestine“ – klingt wie „Hühner für KFC“. In Gaza werden Homosexuelle verfolgt, eingesperrt oder getötet. Aber Hauptsache, man hält ein Plakat hoch, das in Tel Aviv gedruckt wurde.
UND:
„Queers for Palestine“ – eine Parole, die zeigt, wie absurd unsere Zeit geworden ist. In palästinensischen Gebieten riskieren Homosexuelle ihr Leben. In Israel dagegen können sie heiraten, marschieren, leben. Und doch richten sich westliche LGBTQ-Gruppen gegen den einzigen Staat im Nahen Osten, der sie schützt. Moralisches Wunschdenken trifft auf brutale Realität.
Beide mit einem PS drunter:
Das ist kein Angriff auf Palästinenser – sondern ein Appell an westliche Aktivisten, sich nicht selbst zu belügen.
Doch dann merkte ich: Das Thema ist größer. Symbolischer. Absurder. Ein kurzer Tweet wäre zu wenig.
Denn was hier in einem Bild kulminiert, ist ein Paradebeispiel für das, was unsere Zeit so schwer erträglich macht: die völlige Trennung von Realität und dem, was Neudeutsch als „Haltung“ bezeichnet wird. Die Selbstinszenierung im Spiegel moralischer Gefühle. Und ein politisches Denken, das nicht mehr fragt, was ist, sondern nur noch, was gut gemeint erscheint.
Fakt ist: In weiten Teilen der palästinensischen Gebiete droht Homosexuellen Ausgrenzung, Gewalt, Inhaftierung. In Gaza-Stadt müssen sie ihre Identität verstecken, um zu überleben. In Israel dagegen ist Homosexualität legal, gesellschaftlich anerkannt, juristisch geschützt. Es gibt Pride-Paraden, Eherechte, offene Medienpräsenz.
Und trotzdem richtet sich die Empörung queerer Aktivisten in Berlin, London oder New York bevorzugt gegen Israel. Warum? Weil Israel im westlichen Weltbild als „Unterdrücker“ gilt, Palästina als „Opfer“. Und wer als Opfer gilt, bekommt moralische Rabattmarken. Ganz gleich, wie sehr er selbst unterdrückt.
Das nährt sich aus einem Weltbild, das keine Widersprüche mehr erträgt. Das in Gut und Böse teilt wie ein Hollywood-Drehbuch. Und das ausgerechnet jenen Schutz verweigert, die ihn am nötigsten brauchen – weil sie in die falsche Erklärungsschablone fallen.
Wie ist es möglich, dass ausgerechnet viele Linke so massive Sympathien für einen radikalen Islam hegen, der für alles steht, was sie angeblich bekämpfen? Frauenverachtung, Antisemitismus, Gewalt, Homophobie?
Man muss das wohl einen Psychiater fragen. Meine Laienpsychologie sieht darin eine Melange aus Verdrängung, Projektion und Selbstverliebtheit. Ein narzisstischer Kurzschluss: Man will das Gute verkörpern, und pfeift dabei auf die Wirklichkeit. Und vielleicht ist noch ein Schuss Selbsthass dabei, und Hass auf die eigene Lebensweise: Denn für den radikalen Islam ist die westliche Lebensweise ja das erklärte Feindbild (auch wenn man dabei ungerne auf iPhone und PC verzichtet).
Vielleicht wäre der Tweet genug gewesen. Aber manchmal ist ein Meme mehr als ein Bild. Es ist ein Leuchtfeuer – für die kognitive Dissonanz einer ganzen Zeit. Und für ihren moralischen Größenwahn.
PS: Der Freund, der mir das Meme schickte, schrieb mir anschließend noch eine Nachricht, die ich Ihnen nicht vorenthalten will:
„Ich finde es unglaublich – nein, widerlich – wie ausgerechnet die, die gestern noch gegen Ausländerzuzug und den homophoben Islam wetterten, sich heute als Beschützer der Mullahs aufspielen. Ich spreche da gerne von betreutem Denken – jenem Denken, das zu dem führen muss, was die Kommunisten zum Glück nie umsetzen konnten: eine rückgratlose, gleichgeschaltete und komplett unkritische Gesellschaft.“
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Bild: P. Beccari / Shutterstock.com, Symbolbild
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