Die „Sächsische Zeitung“ berichtet, bei dem Sondervermögen für die Bundeswehr komme das Bundesland zu kurz. Das stimmt zwar – „entmilitarisiert“ sind Sachsen und der Osten aber leider trotzdem nicht. Welche konkreten Projekte sind geplant?
Wird der Osten sogar bei der Aufrüstung vernachlässigt? Nicht ganz!
Foto: Nikita Teryoshin
Der Osten kommt sogar beim Sondervermögen zu kurz! Das konnte man vor kurzem in der Sächsischen Zeitung lesen. Das Medium hatte sich im Bundesverteidigungsministerium und beim Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr erkundigt. Von den einhundert Milliarden Euro für eine kriegsfähige Ertüchtigung der Bundeswehr sind im Vorjahr Aufträge im Wert von 20 Milliarden vergeben worden. Davon wurden 25 Verträge mit sächsischen Hauptauftragnehmern geschlossen, die ein Gesamtvolumen von lediglich 73 Millionen Euro haben. Rechnet man Investitionen aus dem regulären Verteidigungshaushalt hinzu, profitierten sächsische Unternehmen nur von 0,3 Prozent der Verteidigungsausgaben des Bundes. Heißt das, der Osten
wurden 25 Verträge mit sächsischen Hauptauftragnehmern geschlossen, die ein Gesamtvolumen von lediglich 73 Millionen Euro haben. Rechnet man Investitionen aus dem regulären Verteidigungshaushalt hinzu, profitierten sächsische Unternehmen nur von 0,3 Prozent der Verteidigungsausgaben des Bundes. Heißt das, der Osten wird sogar bei der Aufrüstung vernachlässigt? Nicht ganz!Würde man rein innerdeutsche Maßstäbe anlegen, ist das zweifellos eine unterproportionale Beteiligung. Für andere ostdeutsche Bundesländer scheint dies aber kein dringendes Thema zu sein. „Vergleichszahlen aus Sachsen-Anhalt liegen uns nicht vor“, sagt das Wirtschaftsministerium in Magdeburg auf Nachfrage. Man wisse auch nichts über einen denkbaren Trend bei Startups oder flexiblen Unternehmen, sich angesichts der winkenden Staatsknete in Richtung Militärtechnik oder Truppenausrüstung zu orientieren. Andere Länder wie Thüringen oder Mecklenburg-Vorpommern reagieren gar nicht erst auf Anfragen des Freitag. Allerdings könnte besonders das Küstenland mit seinen Werften in Wolgast und Wismar eher von flotten Flottenaufträgen profitieren.Jenseits offizieller Anfragen stößt man außerdem auf den Hinweis, dass die meisten Fragen im Zusammenhang mit wiederentdeckten Aufrüstungserfordernissen und den entsprechenden Verträgen unter die „militärische Geheimhaltungspflicht“ fallen. Die beginnt schon bei der Frage, ob die scheinbare Benachteiligung des Ostens bei der Auftragsvergabe schlichtweg damit zusammenhängt, dass große Rüstungskonzerne wie Heckler & Koch oder Rheinmetall ihren Sitz in Westdeutschland haben. Noch heikler wird es bei Bestellungen in den USA und NATO-Ländern und bei der angestrebten Vereinheitlichung europäischer Rüstungsmarken.Darf man sich also zwischen Fichtelberg und Kap Arkona wider Willen mit dem Titel „Entmilitarisierter Osten“ schmücken? Sich unter Verzicht auf Rüstungsaufträge mit moralischer Sauberkeit trösten? Nein, dafür gibt es zu viele Militärprojektein in den Beitrittsgebieten der ehemaligen Nationalen Volksarmee.Welche Projekte sind geplant?Beispiel Nr. 1: In Sachsen-Anhalt entstand in der Colbitz-Letzlinger Heide die künstliche Modellstadt „Schnöggersburg“, in der der Häuserkampf geübt wird. Es ist die größte ihrer Art in Europa. Beispiel Nr. 2: In Dresden haben die Offiziersschule des Heeres und vor allem das Militärhistorische Museum ihren Sitz. Beispiel Nr. 3: Vom kommenden Jahr an entsteht in Bernsdorf etwa zehn Kilometer vor Hoyerswerda ein neuer Standort für das „Logistikbataillon 471“. Etwa 700 Bundeswehrangehörige und hundert Zivilangestellte sollen hier arbeiten. Das Projekt kostet den Freistaat Sachsen allerdings etwas, denn zusätzliches Personal soll Planung und Umsetzung beschleunigen. Allerdings wird man sehr wohl wissen, dass solche Standorte beim Bau und durch Beschäftigte wie bei der Security immer auch regionale Fördereffekte mit sich bringen.Beispiel Nr. 4: Im Februar dieses Jahres löste die Übernahme des traditionsreichen Waggonbaus in Görlitz durch den Rüstungskonzern KNDS Diskussionen und sogar Proteste aus. Statt Eisenbahnwagen sollen ab 2026 hier Baugruppen für den Kampfpanzer Leopard 2 und den Schützenpanzer Puma gefertigt werden. Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) kritisierte nicht nur die Übernahme, sondern auch die „Militarisierung der Gesellschaft“. Beispiel Nr. 5: Das Startup Germanium Skies entwickelt streng geheim am Stadtrand von Dresden in Carbon-Leichtbauweise eine Drohne mit zehn Armen, die bald schon den Markt erobern könnte.Sachsen und der Osten sind also keineswegs Inseln des ewigen Friedens. Zwar gibt es weniger Geld aus dem Sondervermögen für die Bundeswehr. Woanders ist der Osten auf der Höhe des militarisierten Zeitgeistes. Ziel sei technische Überlegenheit, erklärt das Beschaffungsamt gegenüber der Sächsischen Zeitung. Dabei gehe Tempo vor regionaler Ausgewogenheit bei der Auftragserteilung.
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