Weniger Gelder für die Seenotrettung und humanitäre Hilfe: Damit drückt sich die Bundesregierung vor jener Verantwortung, die sie ohnehin nicht wahrnehmen wollte


Mittel für die zivile Seenotrettung wurden mittlerweile vollständig gestrichen. Archivbild 2022: Die Besatzung der Sea-Watch 3 rettet Menschen aus einem in Seenot geratenen Boot im Mittelmeer

Foto: Nora Boerding/AP/picture alliance


Groß war die Empörung auch in Deutschland, als US-Präsident Donald Trump die Entwicklungszusammenarbeitsbehörde USAID vor wenigen Monaten regelrecht einstampfte. Wie herzlos er doch sei, dieser Verrückte im Weißen Haus.

Millionen von Menschen, Hebammen in Afghanistan oder humanitäre Helfer im Kongo, waren von der Entscheidung Trumps betroffen. Mittlerweile wurde USAID übrigens offiziell aufgelöst. Beobachter sprechen von mehr als 14 Millionen Menschen, die allein wegen der Kürzungen bis 2030 sterben würden.

Und was passiert währenddessen in Deutschland? Der Trumpismus wird in billiger Manier kopiert, denn empört scheint niemand mehr zu sein. Stattdessen ist seit Kurzem bekannt, dass auch hierzulande im Bereich der humanitä

, denn empört scheint niemand mehr zu sein. Stattdessen ist seit Kurzem bekannt, dass auch hierzulande im Bereich der humanitären Hilfe massiv eingespart werden soll – dank Schwarz-Rot! NGOs übernehmen Aufgaben der Regierungen„Wir erleben gerade, wie eine solidarische Infrastruktur vor unseren Augen zerfällt – auch wenn unzählige Menschen alles geben, um das zu verhindern. Immer mehr Organisationen melden sich bei uns und bitten dringend um Förderungen, weil ihnen die Gelder fehlen. Es ist eine stille Katastrophe“, warnt Janka Schubart von #LeaveNoOneBehind.Die zivilgesellschaftliche Organisation unterstützt seit 2020 Hilfsprojekte entlang der europäischen Außengrenzen. Sie arbeitet mit 200 lokalen Partnern, organisiert Evakuierungen aus Kriegsgebieten und leistet Nothilfe in Flüchtlingscamps. All das soll nun zusammenbrechen. Dabei haben NGOs wie #LeaveNoOneBehind oftmals die Aufgaben von Regierungen übernommen. Warum? Weil sie sich immer wieder vor der Verantwortung gedrückt haben.Das Paradebeispiel hierfür war der Fall Kabuls im August 2021 als die militant-islamistischen Taliban aus der Fehlsicht westlicher Regierungen und Geheimdienste „plötzlich“ Kabul einnahmen, die NATO-Truppen abzogen und viele gefährdete Menschen, darunter etwa Journalisten oder Menschenrechtsaktivisten, nicht wussten, wie und wohin sie flüchten konnten.Die Entwicklungshilfe wurde hierzulande um eine Milliarde gekürztWährend man in den Hauptstädten Europas nicht weiterwusste und sich ohnehin kaum wirklich für die Menschen vor Ort interessierte, sprangen NGOs ein. Sie organisierten, überwanden bürokratische Hürden, stellten sich Konflikten und retteten dabei Menschenleben.Selbiges geschieht auch seit Jahren im Fall der zivilen Seenotrettung, deren Mittel – zwei Millionen pro Jahr – vollständig gestrichen wurden. „Faktisch, wenn natürlich auch ungewollt, ermöglichen die Rettungsorganisationen den menschenverachtenden Schleuserbanden deren Geschäft. Dafür sollte kein deutsches Steuergeld verwendet werden“, waren die Worte des heutigen Außenministers Johann Wadephul dazu bereits im Jahr 2023. Umso zynischer erscheint der Umstand, dass sowohl die EU als auch Deutschland seit Jahren mit verschiedenen Diktaturen, Milizen und Söldnern paktiert, um „Flüchtlingsströme“ zu verhindern.Auch die anderen Haushaltszahlen sprechen eine eindeutige Sprache. In der Entwicklungszusammenarbeit wurde das jährliche Budget um rund eine Milliarde Euro gekürzt – von 11,2 Milliarden auf rund 10,3 Milliarden. Im Bereich der humanitären Nothilfe, die vor allem die NGOs an den EU-Außengrenzen und in Krisengebieten betrifft, wurde das Budget um mehr als fünfzig Prozent auf etwa eine Milliarde Euro gekürzt. Ähnlich wie mit der Auflösung von USAID durch Trump sind auch von den jüngsten Entscheidungen in Berlin Menschen weltweit betroffen.Entmenschlichung als KonstanteDas Problem, dem sich nun NGOs wie #LeaveNoOneBehind stellen müssen, ist allerdings weitaus größer und umfassender. Es geht nämlich nicht nur um den Wegfall staatlicher Fördermittel, sondern auch um den Rückgang privater Spender. Das hat viele Gründe, aber ist gewiss auch die permanente Angriffswelle seitens Politik und Medien, die sowohl geflüchtete Menschen als auch deren Helfer seit Jahren zu ertragen haben, einer davon.Denn die stetige Entmenschlichung von Menschen, die in Afghanistan, Syrien, Somalia oder anderswo alles verloren haben und hierzulande nicht nur von Rechts hauptsächlich als „Messerstecher“ oder „Terroristen“ dargestellt werden, hat zu diesem toxischen Klima geführt.Dieses Klima ist nicht nur in den Parlamenten sowie in den Regierungen vorzufinden, sondern auch in einer in weiten Teilen abgestumpften Gesellschaft. Die sogenannte Flüchtlingskrise ist deshalb in erster Linie keine ökonomische, sondern eine moralische Krise, wie es der linke Philosoph, Linguist und wohl bekannteste US-Intellektuelle der Gegenwart, Noam Chomsky, schon vor Jahren prägnant auf den Punkt brachte.Die Überwindung dieser Moralkrise gehört wahrscheinlich zu den größten Herausforderungen unserer Zeit. Jene Helfer, die nun vergessen oder gar kriminalisiert werden, stellen sich dieser Herausforderung tagtäglich und meistern sie stets erneut.

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Von Veritatis

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