Knapp eine Woche vor Ablauf einer von US-Präsident Donald Trump gesetzten Frist im Zollstreit führt EU-Handelskommissar Maros Sefcovic am Donnerstag weitere Verhandlungen in Washington.
Sefcovic plant Gespräche mit US-Handelsminister Howard Lutnick und dem Handelsbeauftragten Jamieson Greer, wie Brüssel in dieser Woche mitgeteilt hatte. Erste Entwürfe für eine grundsätzliche Vereinbarung liegen nach Aussage des EU-Kommissars schon vor.
Es gebe aber noch „viel zu besprechen“, hatte Sefcovic am Montag in Brüssel betont. Es wird erwartet, dass beide Seiten zunächst eine grundsätzliche Vereinbarung schließen könnten, auf deren Grundlage dann weiter über einzelne Zollsätze verhandelt würde.
Die Zeit drängt: Am kommenden Mittwoch läuft eine Frist aus, nach der Trump die Zölle auf EU-Produkte deutlich erhöhen und zusätzliche Aufschläge verhängen könnte. Handelsfachleute sehen drei verschiedene Optionen.
Strafzölle
Sie sind das schlimmstmögliche Szenario: Der EU etwa hat Trump mit Aufschlägen von 50 Prozent gedroht, wenn sie sich nicht bis zum 9. Juli mit den USA einigt. Das wäre das Fünffache des derzeit gültigen Basissatzes von zehn Prozent.
Der Wirtschaftsfachmann Josh Lipsky von der US-Denkfabrik Atlantic Council glaubt, Trump könne die EU für ein abschreckendes Beispiel nutzen und hohe Strafzölle verhängen.
Die EU sei „in einer schwierigen Position“, erklärte Lipsky. Er begründet dies mit den komplexen Handelsbeziehungen und politischen Interessen in Europa.

Präsident Donald Trump hält am 2. April 2025 im Rosengarten des Weißen Hauses in Washington eine Rede zu gegenseitigen Zöllen auf der Veranstaltung „Make America Wealthy Again“.
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Trump wirft den Europäern zudem vor, an einer Digitalsteuer für US-Internetkonzerne zu arbeiten. Diese ist als mögliche Gegenmaßnahme für US-Strafzölle im Gespräch. Negativbeispiel ist Kanada: Trump hatte das Nachbarland diese Woche mit der Androhung hoher Zölle dazu gezwungen, seine eigene Digitalsteuer auszusetzen.
Auch Japan hat Trump im Visier. Der Präsident droht dem Land mit Zöllen zwischen 30 und 35 Prozent, sollte es keinen Reis aus den USA importieren.
Verlängerung
Die zweite Option: Die USA könnten einigen Ländern einen Fristaufschub gewähren. US-Finanzminister Scott Bessent stellte dies allen Ländern in Aussicht, die „in gutem Glauben“ mit Washington verhandeln, also aus US-Sicht kompromissbereit sind. Für die meisten Länder läuft die von Trump gesetzte Frist am 8. Juli ab.
„Südkorea scheint gut aufgestellt, um eine Verlängerung zu erreichen“, sagt Wendy Cutler, Vizepräsidentin des Instituts für asiatische Gesellschaft und Politik (Aspi) in Washington.
Sie begründet dies mit der neuen politischen Führung in Seoul. Anfang Juni hatte der Mitte-Links-Politiker Lee Jae Myung das Präsidentenamt angetreten. Südkorea ist besonders von den Stahl- und Aluminiumzöllen der USA betroffen, die Trump Anfang Juni auf 50 Prozent verdoppelt hatte.
Vorläufige Einigung
Einige Länder könnten bereits vor Fristablauf einen „Deal“ mit Trump erreichen. US-Finanzminister Bessent hatte von rund 18 Ländern gesprochen, mit denen die Verhandlungen weit fortgeschritten seien, ohne sie namentlich zu nennen.
Mit Vietnam kündigte Trump am Mittwoch eine Einigung an. Nach seinen Angaben gilt für Produkte aus dem kommunistisch regierten Land künftig ein US-Einfuhrzoll von 20 Prozent. Cutler hält daneben auch Indien und Taiwan für „vielversprechende Kandidaten“. Ökonom Lipsky zählt ebenfalls Indien zu solchen „Spitzenreitern“.
Vollwertige Handelsabkommen dürften allerdings auch diese Länder nicht mit den USA schließen, sagen Fachleute. Solche Verträge sind juristisch hochkompliziert und werden normalerweise nach jahrelanger Arbeit geschlossen.
Seit dem von Trump ausgerufenen „Befreiungstag“ am 2. April hat er mit zwei Ländern vorläufige Vereinbarungen erzielt: Mit Großbritannien und China. (afp/red)