Schrille Töne und knappe Shorts: Jette Nietzard und Heidi Reichinnek prostituieren sich im Internet und mischen die Sozialen Medien auf. Die Grenzen zwischen Politik und Entertainment verschwimmen – und das ist gewollt.
Erinnern Sie sich an Anna Peters, Jamila Schäfer und Katharina Stolla? Noch nie gehört!? Kein Wunder! Die Vorsitzenden der Grünen Jugend bleiben einem selten im Gedächtnis. Den Namen der aktuellen Frontfrau hingegen kennt inzwischen jeder. Das liegt allerdings weniger an der politischen Kompetenz von Jette Nietzard, als vielmehr an einem Selfie, das sie am 23. Mai via Instagram absetzte. Darauf sieht man sie fröhlich lachend auf dem Weg zu ihrem Arbeitsplatz im Bundestag. Doch der Teufel liegt im Detail, denn die 26-Jährige trägt eine Kappe mit der Aufschrift «Eat the Rich» (Esst die Reichen) – und einen Pulli mit dem Schriftzug «A.C.A.B». Das Kürzel steht für «All Cops Are Bastards», womit quasi zum Ausdruck gebracht wird, dass man sämtliche Polizisten für Hurensöhne hält.
Die grüne Jette
Der Post ging viral, der Shitstorm war massiv. Polizeigewerkschafter Rainer Wendt befand, Nietzard & Co. seien ein «wohlstandsverwahrloster Haufen von Linksextremisten», Bundestagspräsidentin Julia Klöckner drohte gar mit dem Entzug des Hausausweises. Auch im eigenen Beritt war man wenig erfreut. Für den grünen Bundestagsfraktionschef Konstantin von Notz ein «völlig unterirdischer, inakzeptabler und beleidigender Take», und Ex-Minister Cem Özdemir dozierte: «Die Polizei verteidigt in höchstem persönlichen Einsatz jeden Tag die Werte, die uns als Partei ausmachen. Wer das nicht kapiert hat, ist bei uns falsch.» Zu Wort meldete sich auch Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Sein Verdikt: «Ich verstehe überhaupt nicht, was die bei uns will. (…) Sucht euch die richtige Partei aus und verlasst uns einfach.» Nach dieser Kloppe aus den eigenen Reihen ruderte Nietzard zurück, allerdings nur ein paar Zentimeter. «Mich zu entschuldigen, fände ich übertrieben», zeigte sie sich in einem Stern-Podcast unbeeindruckt und erläuterte: «Ich hasse natürlich nicht die Polizei als Ganzes, aber was ich hasse, ist das System dahinter und wie es gerade aufgebaut ist.» Zugleich drohte sie: «Ich habe noch ein paar andere Pullis im Schrank, Sie dürfen also gespannt sein, über welche Botschaften wir noch diskutieren.»
«Wohlstandsverwahrloster Haufen von Linksextremisten.» Rainer Wendt
Damit dürfte die Sache gegessen sein, denn auf das Lästermäulchen kann man bei den Grünen nicht verzichten. Schließlich ist die Blondine auf Social Media sowas wie ein Star, erreicht im Netz jene jungen Zielgruppen, bei denen sich die Grünen heute schwertun. Auf Instagram hat die gebürtige Leverkusenerin mit Pädagogik-Abschluss fast 30.000 Follower (Stand Anfang Juni), ihre Videos auf Tiktok schauen sich Hunderttausende an. Damit ist Nietzard ein Paradebeispiel für einen neuen Trend, der vor allem im linken Spektrum en vogue geworden ist: Politikerinnen, die zugleich Influencerinnen sind. Und nein, das ist kein Kotau vor der Genderei – es sind fast ausschließlich Frauen, die sich in dieser Doppelrolle präsentieren.

Für Jette gilt dabei: Sexismus geht gar nicht, aber ein bisschen sexy darf’s schon sein. Auf Instagram zeigt sie sich schon mal im Bikini, in einem Tiktok-Clip von 2024 streift sie lasziv das Oberteil ab, während sie über das Ende der Ampelkoalition philosophiert. In einem Gastbeitrag für das Internetportal Watson vom März zieht sie richtig vom Leder: Männer sollen ihre Privilegien abgeben, solange sie keinen «Mehrwert» für die Gesellschaft liefern. Und wie wird der bei ihr bemessen? In Orgasmen! Ihr Schlachtruf: «Bitches brauchen Gerechtigkeit!» Soll das ein politisches Manifest sein – oder der Stoff für einen neuen Track von Obszön-Rapperin Ikkimel? Die Berliner Musikerin, die über «geilen Sex mit unterschiedlichen Männern» textet, wird von Nietzard als Vorbild bezeichnet. Jettes Argumentation bei Watson: Frauen hätten sich in den letzten 100 Jahren emanzipiert, während der Durchschnittsmann auf der Stelle trete – oder sogar zurückrudere. Geschlechtsgenossinnen, die Männer bewusst finanziell ausnutzen, beglückwünscht die Grüne ausdrücklich, da sie «im Prinzip das Patriarchat mit seinen eigenen Waffen schlagen». Dann wird’s anzüglich: «Warum sollten Frauen bei Männern bleiben, wenn sie 30 Prozent weniger zum Orgasmus kommen?», fragt «Pöbel-Jette» (Bild). Doch es geht noch gehässiger. Zu Silvester twitterte sie: «Männer, die ihre Hand beim Böllern verlieren, können zumindest keine Frauen mehr schlagen.» Die Empörung war groß, der Post wurde gelöscht, und die Urheberin ruderte wieder ein Stückchen zurück: «Hätte ich so nicht formulieren sollen.» Aber irgendwie passt das zu ihr: Sie stänkert, sie provoziert, sie polarisiert – und fühlt sich dabei sauwohl. Wirklich politisch wird es hingegen selten. Lieber gibt Nietzard Dating-Tipps. In einem Tiktok-Video verrät sie, welche Männer bei ihr landen können: «Feminist, kein Nazi, kein Klimawandel-Leugner.» Den Kerlen schreibt sie ins Stammbuch: «Hinterfragt euer Männerbild und unterstützt Abtreibungen – sonst habt ihr kein Potenzial für ’ne Beziehung.»

Die rote Heidi
Die Grenzen zwischen Politbetrieb und Influencerei verschwimmen bei Nietzard, doch keine hat dies so perfektioniert wie Heidi Reichinnek. Der Shootingstar der Linkspartei zeigt sich im Blümchenkleid, beim Feiern oder auch mal ganz volksnah. Ihre Maschinengewehr-Rhetorik ist wie gemacht für die Shorts auf Tiktok und Reels auf Instagram – jene Häppchenkultur im Netz, in der es um Sekunden, nicht um Minuten geht. «Ich hatte immer schon eine große Fresse», gestand Reichinnek im Interview mit der Süddeutschen Zeitung. Das ist durchaus in doppeltem Sinne zu verstehen, denn neben den auffälligen Tattoos – darunter das Konterfei von Rosa Luxemburg auf dem linken Unterarm – ist vor allem das Haifischlächeln ihr Markenzeichen. Bei den Adressaten kommt das an. 26 Prozent der Erst- und Jungwähler gaben der Linken bei der Bundestagswahl 2024 die Stimme. Damit rangierte die lange Zeit als Sammelbecken von Ost-Boomern und DDR-Nostalgikern verschriene Partei vor der AfD, die 21 Prozent in dieser Gruppe holte.
Reichinnek inszeniert sich als West-Gewächs, hat ihren Wahlkreis in Osnabrück, geboren wurde sie jedoch 1988 in Merseburg (Sachsen-Anhalt) als Tochter eines Elektrikers und einer Chemielaborantin. Das Wendekind aus der Arbeiterklasse studierte nach dem Abitur Politikwissenschaft und Nahoststudien in Halle, verbrachte ein Semester in Kairo, wo sie den Arabischen Frühling hautnah miterlebte. Ihren Master in Politik und Wirtschaft des Nahen und Mittleren Ostens erlangte Reichinnek 2013 in Marburg, bis zu ihrem Einzug in den Bundestag 2021 war sie in der evangelischen Jugendhilfe tätig.
Israel-Streit
Eine neue Kontroverse löste Jette Nietzard Anfang Juni aus, als sie in einem Instagram-Video den Terrorangriff der Hamas vom 7. Oktober 2023 als «militärische Operation» bezeichnete. Darüber hinaus erwähnte sie, dass seitdem «über 50.000 Palästinenser und 1.200 Israelis bei militärischen Operationen umgekommen» seien. Volker Beck, Ex-Grünen-Politiker und Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, reagierte empört auf X: «Israel verteufeln und Hamas verharmlosen. Das kann doch nicht ohne Folgen bleiben.» Er beantragte Parteiordnungsmaßnahmen gegen Nietzard. Die Grüne Jugend entfernte den Post, Jette entschuldigte sich auf Instagram, gab aber an, die Folgen des Krieges für Juden weltweit adressieren zu wollen. Die grüne Parteichefin Franziska Brantner distanzierte sich, die Jüdische Studierendenunion forderte Nietzards Rücktritt.
Der Linkspartei trat sie 2015 bei, und schon im darauffolgenden Jahr zog sie in den Osnabrücker Stadtrat ein. Es folgte eine Bilderbuchkarriere: 2019 wurde sie mit über 86 Prozent zur Landesvorsitzenden in Niedersachsen gewählt – die bis dato Jüngste in dieser Position. 2021 gelang ihr die Wiederwahl mit 96 Prozent, im selben Jahr zog sie über die niedersächsische Landesliste in den Bundestag ein. Im Februar schaffte sie erneut den Sprung ins Hohe Haus, diesmal als Spitzenkandidatin neben Parteichef Jan van Aken, der sie im Spiegel zur «Queen of Tiktok» kürte. Im Berliner Reichstag steht Reichinnek neben dem Leipziger Sören Pellmann nun der Linksfraktion vor.
Social-Media-Macht
Bei Tiktok ist die Linksfluencerin eine echte Macht, hat über 600.000 Follower. Damit ist sie Alice Weidel (975.000) dicht auf den Fersen. In puncto Likes hat sie mit 17,5 Millionen die AfD-Chefin (10,1 Millionen) schon abgehängt. Ihr reichweitenstärkstes Video ist die berühmt-berüchtigte Brandmauer-Rede, die sie im Januar bundesweit bekannt machte. Wie eine Furie stand sie damals am Rednerpult des Bundestages, hämmerte aufgeregt mit den Fingern darauf herum und kanzelte CDU-Chef Friedrich Merz ab, weil er seinen Fünf-Punkte-Plan mithilfe der Blauen durchs Parlament bringen wollte. «Auf die Barrikaden», donnerte sie ins Plenum und beendete ihre Suada mit den Zeilen aus einem linken Evergreen: «Wehrt euch, leistet Widerstand, gegen den Faschismus hier im Land!» Der Clip wurde über 30 Millionen Mal aufgerufen und erhöhte ihre Follower-Zahl binnen kürzester Zeit von 130.000 auf 288.000 auf Instagram und von 348.000 auf 460.000 auf Tiktok. Ihre Videos sind in der Regel kurz und provokativ; besonders viral gehen Parlamentsreden, in denen sie – zugegebenermaßen oft recht witzig – politische Gegner veräppelt. In einem Tiktok-Short etwa bezeichnet sie das Bundestagsplenum als «Selbsthilfegruppe ”Wegen der AfD zwanghaft übers Gendern reden müssen”» und wirft den Blauen aufgrund ihrer Antragsflut zu diesem Thema selbst «Genderwahn» vor.

Das Branchenmagazin Meedia spricht von einem «Reichinnek-Effekt», dem die Linkspartei ihr «fulminantes Comeback» bei der Bundestagswahl zu verdanken habe, die Zeit stellt fest, sie habe ihre Partei mit «ihrer Nahbarkeit und Online-Präsenz vorangebracht.» Experten bestätigen das. Politikberater Martin Fuchs erklärte gegenüber NTV: «Heidi Reichinnek war eine der ersten Politikerinnen, die Tiktok kontinuierlich nutzten.» Das habe sie «zur Kultfigur in #politiktok gemacht». Jette Nietzard ist davon allerdings auch nicht mehr weit entfernt.
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