Zwei Seiten hat das „Gutachten“, das Frauke Brosius-Gersdorf gemeinsam mit ihrem Mann 2021 zur Impfpflicht verfasst hat – jene Brosius-Gersdorf, die in dieser Woche von der SPD nominiert werden soll als nächste Verfassungsrichterin. Diese zwei Seiten sollte man lesen, wenn man wissen will, was auf uns zukommt. 

Sie beginnt den Text mit einer spektakulären Umkehrung der Fragestellung. Statt die Frage zu erörtern, ob eine Impfpflicht verfassungsmäßig zulässig sei, will sie prüfen, ob es nicht eine verfassungsmäßige Pflicht zur Impfpflicht gebe. Sie liefert nur ein einziges verfassungsrechtliches Argument: „Nach unserer Verfassung endet die Freiheit des Einzelnen dort, wo die Freiheit anderer beginnt. D. h., die Freiheit der Ungeimpften endet dort, wo sie die Freiheit der Geimpften beeinträchtigenn.“ Das Wort „Impfnebenwirkung“ kommt gar nicht erst vor.

Die allgemeine Impfpflicht würde ohnehin dem Ziel dienen „die Gesundheit und das Leben der Bevölkerung zu schützen, v. a. derjenigen, die geimpft sind“, formuliert sie. Die allgemeine Impfpflicht soll vor allem das Leben derjenigen schützen, die geimpft sind? Sie erläutert: „Geimpfte können sich nicht selbst wirksam schützen, weil die Impfung nicht vor Impfdurchbrüchen bewahrt.“

Das ist ungefähr das weitere Niveau ihrer Ausführungen – man spürt schon beim Lesen die Unlust des Autors, den Standpunkt wirklich im eigentlichen Sinne zu begründen oder herzuleiten. Es wird vielmehr schnell doziert, mit dem Anspruch, dass die Professur in öffentlichem Recht das eigentlich schlagende Argument ist.

Dieses Verständnis des Richters ist nicht neu – in den USA ist es schon lange ein linker Traum, den Supreme Court dauerhaft auf Linie zu bringen und linke Machtpolitik zu zementieren. Es soll nicht mehr die Frage im Mittelpunkt stehen, was das Recht gebietet oder was dessen Schöpfer gemeint oder gewollt hätten – im Mittelpunkt steht vielmehr die aktuelle politische Befindlichkeit, die dann auf rechtliche Machbarkeit hin geprüft wird.

Brosius-Gersdorf ist auch ansonsten vor allem mit Ideologie aufgefallen. Sie wirkte bei der aktivistischen Paus-Kommission zur Abtreibung mit, warb in Positionspapieren für linke Umverteilungspläne und befürwortet natürlich auch ein AfD-Verbotsverfahren. Sie ist von der absoluten Richtigkeit ihrer politischen Haltung so sehr überzeugt, dass sie ganz offensichtlich nicht davor zurückschreckt, auch das Rechtssystem dafür zu instrumentalisieren. Überhaupt die Frage zu eröffnen, ob eine allgemeine Corona-Impfpflicht verfassungsrechtlich zwingend wäre – dass also die Ablehnung der Impfpflicht verfassungswidrig sein könnte – sagt doch schon alles.

Diese Frage ist gravierend: Der ursprünglich von der CDU vorgeschlagene Kandidat wurde von den Grünen als zu konservativ abgelehnt, stattdessen folgt die Partei jetzt einer Empfehlung des Gerichts selbst. Gleichzeitig will sie zwei Vorschlägen der SPD (Brosius-Gersdorf ist eine davon) zustimmen. Bald dürfte zudem die Linke das Vorschlagsrecht der FDP übernehmen – bleibt die AfD weiter außen vor, wird es rechnerisch schon bald eine klare links-besetzte Mehrheit von 5:3 im Bundesverfassungsgericht geben.

Wären es Richter, die dabei eine gewisse Demut an den Tag legen, wäre das noch akzeptabel. Aber Brosius-Gersdorf offenbart, dass sie mit ihrem Ansatz die Fragestellung einfach umdrehen würde. Der Höhepunkt des bisherigen, in diese Richtung gehenden Denkens, war das Klimaurteil des Bundesverfassungsgerichts, als die Richter bereits den Versuch unternahmen, die Politik der nächsten Jahre vorzuzeichnen. Dieses Rad kann man immer weiter drehen: Vielleicht wird das Heizungs- oder das Selbstbestimmungsgesetz bald zum Imperativ des Grundgesetzes erklärt – absurder als die Impfpflicht-Argumentation wäre das auch nicht. Genau darauf würde eine solche Besetzung des Verfassungsgerichts hinauslaufen.

Bestimmte Fragen sollen der Entscheidung der Bevölkerung entzogen werden – und die Richter als Philosophenkönige Politik machen. In Zeiten zusammenbrechender linker Mehrheiten wird diese Betrachtung von Politik durchaus zur realistischsten Machtoption. Die Jura-Professorin, die mit der ihrem Berufsstand eigenen Arroganz der Wahrhaftigkeit, der Bevölkerung ein linkes Weltbild nicht mehr zur Abstimmung, sondern zum Auswendiglernen vorlegt: Das würde zum absoluten moralischen Machtanspruch dieser Linken perfekt passen. Denn eigentlich ist man längst der Meinung, dass die politische Gegenseite etwa in der Migrationspolitik gar keine legitime Position mehr vertritt – es wäre dann nur folgerichtig, die Politik gleich richterlich anzuordnen.





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Von Veritatis

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