Daniel Křetínský kauft Konzerne auf, die eigentlich am Ende sind – und verdient damit Milliarden. Er besitzt Kohlekraftwerke in ganz Europa, die zusammen mehr Treibhausgase ausstoßen als Finnland. Wird er zur Gefahr für Europas Demokratie?
In Medien, die er besitzt, werden Klimaschützer als „Grüne Taliban“ bezeichnet. Aktuell arbeitet Křetínský daran, den Kohleausstieg zu sabotieren
Foto: Roman Vondrous/dpa
Er wird auch „das Phantom aus Prag“ genannt: Tatsächlich ist Daniel Křetínský mit seinem Firmenimperium EPH einer der wichtigsten ausländischen Investoren in Deutschland. Wirklich wahrnehmbar wird er aber nur durch Schlagzeilen, die er produziert. Wie beispielsweise Mitte 2024: „Thyssenkrupp: Wer ist der Schattenmann Daniel Křetínský?“ Der Tscheche hatte gerade 20 Prozent der kriselnden Stahlsparte des urdeutschen Stahlmagnaten übernommen, der doch eigentlich „am Abgrund“ steht: 11.000 Stellen sollen gestrichen werden. Trotzdem will Daniel Křetínský mehr, er will sogar die Mehrheit bei Thyssenkrupp.
Der jüngste Schachzug klingt genauso sinnlos: Daniel Křetínský will den deutsc
den deutschen Kohlekonzern Uniper übernehmen. Dabei wird Deutschland aus der Kohle aussteigen, für viele Uniper-Kraftwerke steht das Abschaltdatum fest. Andererseits war Uniper gerade in die Pleite geschlittert und musste von uns Steuerzahlern mit 15 Milliarden Euro gerettet werden. Scheinbar sinnlos, aber eben „Křetínský-like“: Wo immer ein Kohlekraftwerk abgeschaltet werden soll, investiert der tschechische Oligarch.Zum Beispiel im kleinsten deutschen Braunkohlerevier nahe dem niedersächsischen Helmstedt: Weil dort der Tagebau ausgekohlt war, wollte Betreiber Eon das dortige Kraftwerk Buschhaus vor fast zehn Jahren stilllegen. Křetínský zahlte 3,6 Millionen Euro für das längst abgeschriebene Altkraftwerk, und alle fragten sich, was er damit will. 2019 gelang der Coup: Buschhaus wurde in die sogenannte „Sicherheitsbereitschaft“ überführt, allein im ersten Jahr kassierte der Kraftwerksbesitzer 25 Millionen vom Steuerzahler – ohne dass Buschhaus je arbeitete.Seinen sicherlich größten Deal in Deutschland fädelte Křetínský 2016 ein: Er „kaufte“ Vattenfall die Lausitzer Braunkohle ab. Die Kraftwerke, Tagebaue und das Anlagevermögen wurden auf 3,4 Milliarden Euro taxiert, dennoch bekam Křetínskýs Firmenimperium 1,7 Milliarden Euro zusätzlich überwiesen – Geld, das ursprünglich für die Rekultivierung der Tagebaue vorgesehen ist. Allerdings stieg der Investor nicht direkt in der Lausitz ein, sondern über ein komplexes Firmengeflecht. Wer Verbindung zum Oligarchen suchte, musste die Lausitz Energie Verwaltungs GmbH finden, eine im Cottbuser Handelsregister registrierte Kapitalgesellschaft, die haftungsbeschränkt ist – auf nur 25.000 Euro. Umweltschützer fürchten, dass sich Křetínský an dem Tag mit dem Geld vom Acker macht, an dem die Kraftwerke aufhören zu arbeiten.Daniel Křetínský ist die reichste Person in TschechienNicht der einzige Deal, bei dem Křetínský Geld dafür bekam, anderer Leute Fossilgeschäft zu übernehmen: Ausgerechnet Uniper zahlte 2019 dafür, eines der größten Fossilkraftwerke Frankreichs loszuwerden. Dort war der Kohleausstieg für 2021 längst beschlossen. Doch Křetínský hatte Glück – wegen des russischen Angriffskrieges läuft das Kraftwerk Émile-Huchet heute immer noch. Wie übrigens auch in Deutschland: Křetínskýs Firmen wurden dafür entschädigt, dass sie das Kohlekraftwerk Mehrum 2021 stilllegten. 2022 ging es dann wieder ans Netz und produzierte Strom bis zum Frühling 2024 – ohne dass die Steuermillionen der Entschädigung zurückgezahlt wurden.Mit solchen Deals wurde Daniel Křetínský zum reichsten Mann in Tschechien: Forbes bezifferte sein Vermögen 2024 auf 11,5 Milliarden Euro. Freilich sind die Angaben mit Vorsicht zu genießen, die Verbindung von Daniel Křetínský zum Mitteldeutschen Braunkohlerevier führt beispielsweise über etliche Briefkastenfirmen in Steueroasen wie Zypern – und unklar ist, ob überhaupt all seine Investments bekannt sind. Auffällig war Křetínský nämlich auch in den „Panama Papers“, jenen Dokumenten, die 2016 Steuerbetrug und Vermögensverschleierung der Täter zum Vorschein brachten.Gut belegt ist hingegen Křetínskýs Fossilgeschäft: Seine Kraftwerke in Deutschland, Frankreich, Italien oder Tschechien stoßen mehr Treibhausgase aus als ganz Finnland. In der EU ist Křetínskýs Firmengeflecht damit drittgrößter Klimasünder – hinter dem polnischen PGE-Konzern und RWE. Gut belegt sind auch Křetínskýs Beteiligungen an großen Medienhäusern: Er ist Mehrheitsaktionär der Unternehmensholding Czech Media Invest, hält Anteile an ProSiebenSat.1, besitzt Pressetitel wie die französische Elle oder das Nachrichtenmagazin Marianne.Wenig verwunderlich ist, dass in diesen Medien Klimaschützer als „Grüne Taliban“ beschimpft werden.Sollte Daniel Křetínský tatsächlich Uniper übernehmen, entstünde der größte Kohlekonzern Europas. „Während wir viel über RWE, Uniper oder die LEAG reden, hat Křetínský kaum jemand im Fokus“, sagt René Schuster von der Grünen Liga. Radek Kubala von der tschechischen Nichtregierungsorganisation Re-set warnt: „Daniel Křetínský wird mit seinen Geschäftspraktiken zu einer Bedrohung der Demokratie.“ Sein Imperium lobbyiert massiv gegen den deutschen Kohleausstieg: Anders als 2030 im Rheinland soll in der Lausitz erst 2038 Schluss sein. Und dafür zahlt der deutsche Steuerzahler auch noch 1,75 Milliarden Euro Entschädigung an Křetínský.