Dass Wladimir Putin zu Friedensverhandlungen mit der Ukraine bereit ist, überrascht nicht – das war er schon lange. Schlimm, dass erst Donald Trump kommen musste, um das zu tun, was liberale Regierungen in ihrer Dummheit nicht wagten
So ernüchtert ist Boris Pistorius? Was Pete Hegseth hier sagt, ist alles andere als neu
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„Ernüchtert“ zeigt sich unsere Presse nach dem Auftritt des US-Verteidigungsministers Pete Hegseth bei der Kontaktgruppe für die Verteidigung der Ukraine in Brüssel. Denn er hat dort gesagt, eine Rückkehr zu den ukrainischen Grenzen von vor 2014 sei unrealistisch, und auch zu einem NATO-Beitritt der Ukraine werde es nicht kommen.
Vorher schon war bekannt geworden, dass der neue US-Präsident Donald Trump mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin, dann auch mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj telefoniert hat. Mit Putin hat er drei Treffen verabredet, zunächst eines in Saudi-Arabien, dann in Russland, dann in den USA. „Überraschend“ findet es unsere Presse, dass Putin nun plötzlich zu Friedensverhand
telefoniert hat. Mit Putin hat er drei Treffen verabredet, zunächst eines in Saudi-Arabien, dann in Russland, dann in den USA. „Überraschend“ findet es unsere Presse, dass Putin nun plötzlich zu Friedensverhandlungen bereit sei.Aber daran ist gar nichts überraschend, denn Putin wäre schon längst zu Verhandlungen in genau der Perspektive, die Hegseth jetzt umrissen hat, bereit gewesen. „Ernüchternd“ ist aber nicht so sehr, dass Hegseth mit dem Hinweis auf wahrscheinliche ukrainische Gebietsabtretungen Russland ein „kostenloses Vorab-Geschenk“ gemacht hat, wie gesagt wurde – Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) nannte es ein „bedauerliches“ öffentliches Zugeständnis –, „ernüchtert“ sehen wir vielmehr mit an, wie schnell sich ein furchtbarer Krieg beenden lässt, wenn das ernsthaft gewollt wird.Der Westen wollte Russland militärisch schwächen – um welchen Preis?Und wenn wir im Rückblick noch einmal feststellen müssen, dass sie es eben nicht wollten: die westlichen Regierungen bis hinauf zum US-Präsidenten Joe Biden. Einen Plan, wie die Ukraine diesen Krieg gewinnen konnte, hatten sie niemals und trieben das Land trotzdem, mit der Lieferung immer schwererer Waffen, in tödliche und völlig aussichtslose Kämpfe.Schon ganz am Anfang dieses Krieges gab es Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland, die den Krieg hätten beenden können, westliche Regierungen haben aber interveniert und eine Einigung verhindert. Offen wurde ausgesprochen, dass es gut sei, Russland militärisch zu schwächen, wenn es schon nicht besiegt werden könne – dass Letzteres unmöglich war, außer in einem Atomkrieg, wer hat denn daran gezweifelt? –, und dies mit ukrainischem Leid zu bezahlen, fand man nicht bedenklich.In Deutschland wies Jürgen Habermas darauf hin, dass ein Krieg, eben weil er solches Leid bringt, als solcher schon ein Verbrechen ist, woraus folgt, dass man jederzeit alles daran setzen muss, ihn zu beenden – es war in den Wind gesprochen! Vielmehr ergingen sich die Politiker in Schulddebatten und taten so, als seien sie kleine Kinder – „du hast angefangen!“, „nein, du!“ -, und statt dass eine für beide Kriegsparteien erträgliche Verhandlungslösung gesucht wurde, erging man sich in der Fantasie einer Verhaftung des russischen Präsidenten.Tödlich dumme Politik westlicher Regierungen – jetzt ein Scherbenhaufen„Ernüchternd“ ist, dass diese tödlich dumme Politik von solchen westlichen Regierungen durchgesetzt wurde, die sich auf die liberalen statt auf die autoritären Parteien gestützt haben. Sie haben der westlichen Demokratie einen unermesslichen Schaden zugefügt. Denn wer darf nun den Friedensengel spielen? Ein US-Präsident Donald Trump, den die europäische Kriegsfront stört, weil er eine vor China aufbauen will, und der ganz offen die ethnische Säuberung des Gaza-Streifens ankündigt.Es ist ein furchtbarer Scherbenhaufen, den unsere „Liberalen“ angerichtet haben. Und ihre Dummheit dauert an. Jetzt meinen sie, die Trump-Regierung mache Putin unnötige Vorab-Zugeständnisse. Dabei ist es doch klar, dass es des von Hegseth ausgesendeten Signals bedurfte, um der russischen Seite zu bedeuten, dass man nun wirklich den Frieden wolle. Dass die Friedenslösung nicht nur für Russland, sondern für beide Seiten erträglich sein muss, wer glaubt denn, dass Trump und Hegseth es nicht wissen? Es ist ein diplomatisches Grundgesetz.Russland kann sich nicht hinter die Grenzen vor 2014 zurückziehenFür Russland kann es nicht erträglich sein, sich hinter die Grenzen zurückzuziehen, die vor 2014 galten, denn auch Russland hat viele Menschenleben in diesem Krieg verloren. Nur wenn es verloren hätte, wie gesagt, in einem Atomkrieg, könnte der Westen das außer Acht lassen. Dasselbe diplomatische Gesetz bedingt, dass auch dem Westen und der Ukraine ein gesichtswahrender Frieden ermöglicht werden muss. Ist insofern nicht vorstellbar, dass sich Russland doch noch einverstanden erklärt mit einer NATO-Mitgliedschaft der Ukraine, wenn es im Gegenzug die von seinen Soldaten eroberten Gebiete nicht nur im Rahmen eines Waffenstillstandsabkommen, sondern als völkerrechtlich anerkannte russische Gebiete behält?Der US-Verteidigungsminister versteht sein Geschäft: Er hat Russland nicht nur das „Vorab-Geschenk“ angekündigter Gebietsabtretungen gemacht, sondern mit dem Ausschluss einer NATO-Mitgliedschaft der Ukraine das von dieser erwünschte Gegengeschenk vorbereitet. Putin wird sich hinstellen können wie einst Michail Gorbatschow, als er der deutschen Wiedervereinigung auch unter der Bedingung der deutschen NATO-Mitgliedschaft zustimmte. Während Gorbatschow das Zugeständnis in Russland als generöse Geste verkaufen zu können hoffte, obwohl es in Wahrheit erzwungen war, könnte es bei Putin womöglich umgekehrt sein, wenn er dem Westen den Gesichtsverlust zu ersparen gedenkt. Er ist ja nicht der dumme Teufel, als den man ihn darstellt – dumm sind andere gewesen.