Sondierungen zwischen Union und SPD in Berlin: Markus Söder, Friedrich Merz, Lars Klingbeil, Saskia Esken (von links)

Foto: dts Nachrichtenagentur/Imago


SPD und Union wollen mit den Mehrheiten des abgewählten Bundestages noch schnell ein massives Finanzpaket beschließen und dafür auch das Grundgesetz ändern. Warum das hochgefährlich ist und am Ende die AfD stärken könnte

Das politische Berlin ist in Aufruhr: Ein neues Sondervermögen und eine Lockerung der Schuldenbremse insbesondere für Aufrüstung stehen im Raum, hitzige Verhandlungen zwischen Union, SPD und Grünen dafür laufen. Während die Nachrichtenticker im Stundentakt neue Stände der Gespräche vermelden, droht ein zentraler Aspekt unterzugehen: Das Vorgehen von Union und SPD ist zutiefst demokratiefeindlich.

So gibt es bei der grundlegenden Interpretation des Bundestagswahlergebnisses doch wenig Spielraum: Die unbeliebte Ampel-Regierung wurde abgewählt – Wahlbeteiligung und Polarisierung sind gestiegen, die zentralen Profiteure der Unzufriedenheit waren die Union und AfD einerseits und andererseits Die Linke. Natürlich ist nun der alte Bundestag b

enig Spielraum: Die unbeliebte Ampel-Regierung wurde abgewählt – Wahlbeteiligung und Polarisierung sind gestiegen, die zentralen Profiteure der Unzufriedenheit waren die Union und AfD einerseits und andererseits Die Linke. Natürlich ist nun der alte Bundestag bis zur ersten Sitzung des neuen am 25. März noch arbeitsfähig – bestehende Baustellen müssen weiter bearbeitet, die Übergabe der Amtsgeschäfte organisiert werden.Tatsachen schaffen ohne DebatteDoch was wir aktuell sehen, ist etwas anderes: Da SPD und Union für ihre gigantischen Aufrüstungspläne auf eine Zweidrittelmehrheit angewiesen sind – und sie diese im neuen Bundestag nur mit der Linken oder der AfD erreichen können – haben sie kurzerhand entschieden, noch die Mehrheiten des abgewählten Bundestages zu nutzen. In kürzester Zeit sollen auf diese Weise Tatsachen geschaffen werden: ohne gesellschaftliche Debatte, ohne Mitbestimmungsmöglichkeiten der neuen Abgeordneten, ohne Anerkennung der neuen Kräfteverhältnisse. Kaum ein Grund kann solch einen Schritt – die Grundgesetzänderungen sollen am 18. März beschlossen werden – rechtfertigen. Die aktuelle Krise der Nato-Militär-Allianz schon gar nicht.Die Lage kann nicht beschönigt werden: Das Misstrauen gegenüber Politiker*innen und Institutionen nimmt bundesweit zu, ebenso wie Ohnmachtsgefühle in einer krisengeschüttelten Welt. Die Mehrheit der Bevölkerung steht laut der letzten Leipziger Autoritarismus-Studie von November 2024 zwar noch hinter der Demokratie als Idee – doch nur 42 Prozent der Befragten finden, dass sie in Deutschland funktioniert. Der niedrigste Wert, seit 2006 das erste Mal dazu befragt wurde. Wenn nun Union und SPD mit alten Mehrheiten versuchen, den aktuellen Wähler*innenauftrag zu umgehen, dann wird dies nur eins zur Folge haben: Eine wachsende Politikverdrossenheit; das Gefühl, dass die eigene Meinung im Zweifel eben doch nicht so viel Wert ist, wenn die Regierenden andere Pläne haben. Und dieses Gefühl ist wiederum: Wasser auf den Mühlen der AfD, die große Gewinnerin der wachsenden Resignation.Eine linke Antwort auf den FrustMit Blick darauf ist es zu begrüßen, dass Die Linke einen Eilantrag vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe gegen die Abstimmungen gestellt hat. Ansonsten hatte dies nur die AfD getan – jetzt gibt es wenigstens auch eine linke Kraft, die den gesellschaftlichen Frust über die Prozedur aufgreift und politisiert. Die Linke hatte dabei selbst Zustimmung zu einer Reform der Schuldenbremse signalisiert – aber eben nicht für steigende Rüstungsausgaben. SPD und Union versuchen mit aller Macht zu verhindern, im neuen Bundestag von ihr abhängig zu werden. Dafür sind sie bereit, weit zu gehen.Wie auch die zeitnahe Entscheidung vom Bundesverfassungsgericht lauten wird: Die Verliererin ist bereits jetzt die Demokratie.



Source link

Von Veritatis

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert