Der „Freiheitsdienst“ der Grünen ist keine schlechte Idee: Die Demokratie lässt sich mit Bürgersoldaten aus allen Schichten besser verteidigen als mit einer Berufsarmee. Es wäre ein Fehler, die Wehrpflicht den Rechten zu überlassen

Illustration: der Freitag


Keinesfalls sollte man den Traum einer unbewaffneten Menschheit gering schätzen! Doch Träume sind unzuverlässig. Vieles spricht dafür, dass es Menschenrechte und Demokratie ohne Waffen nicht gäbe. Und dass sie, umzingelt von Fanatikern, Falschspielern und Faschisten, ohne soldatische Wehrhaftigkeit kaum Überlebenschancen hätten. Wir müssen sie – gerade, um die Kriegsgefahr zu minimieren! – auch bewaffnet verteidigen können, nach außen wie innen. Das geht am besten mit „soldat citoyens“, mit Bürgersoldaten aus allen Schichten, bestenfalls unter europäischer Flagge.

Wer gegen maßloses Wettrüsten ist und für Frieden und Demokratie, kann eine allgemeine Demokratiewehrpflicht nur befürworten.

2;rworten. Sechs bis neun Monate wären nicht zu viel. Der Dienst kann mit oder ohne Waffe abgeleistet werden, in Kaserne oder Klinik, in Kindergarten oder Verein. Man muss das nicht, wie jetzt die Bayern-Grünen, „Freiheitsdienst“ nennen – Demokratiewehrdienst wäre angemessener, aber an der Sache ist was dran. Krieg wird weniger wahrscheinlichUnd zwar Dienst für alle oder keinen: geschlechtsunabhängig, auch für höhere Jahrgänge, anständig honoriert, allgemein wertgeschätzt und so unkompliziert wie möglich organisiert. Die Tauglichkeit für den Militärbereich könnten Sportmediziner feststellen – ohne „Musterung“. Zum Dienst an der Waffe darf niemand gezwungen werden, aber zum Dienst an der Demokratie sollten alle Gelegenheit haben, je nach Fähigkeit, in freier Einsicht in die Notwendigkeit. Demokratiewehrhaftigkeit stiftet Verbundenheit, schadet niemandem und nützt allen. Mit ihr wird Krieg weniger wahrscheinlich, weil ein potenzieller Angreifer auf verteidigungsbereite Demokraten träfe. Und weil der Wehrdienst an der Waffe ausschließlich zur Landesverteidigung erfolgt, nur auf deutschem Boden. Dass Kapazitäten für Unterbringung und Ausbildung fehlen, ist ein seltsam resignativer Einwand – die Bundeswehr ist um- statt aufzurüsten.Schluss mit hyperteuren Fregatten, die Handelsschiffe um den Globus eskortieren und dabei womöglich einen Weltkrieg auslösen. Im Demokratiewehrdienst wird nicht trainiert, wie man Drohnen in Richtung Moskau programmiert. Hybride Deeskalation und Prävention gehören derweil ebenso in den Lehrplan wie Debatten darüber, wo Verteidigung aufhört – und Angriff beginnt. Es braucht keine „Karrierecenter“ oder Werbefilme, die Krieg mit Action verwechseln. Am Verletzen und Töten ist nichts cool, sondern alles furchtbar. Auch darüber müssen Demokratiesoldaten reden können. Demokratiewehrpflicht ist weder links noch rechts. Es wäre ein Fehler, sie den Rechten zu überlassen. Lernen, dass Krieg grausam istSie zu befürworten heißt nicht, dass man Krieg will oder vorbereitet. Damit ist nicht gemeint, Hochrüstung als alternativlos zu propagieren, wie es „Experten“ jetzt überall tun. Solchem Alarmismus tritt der Demokratiewehrdienst genauso entgegen wie rechtsradikalem Zündeln. Er kann eine Friedenswende einläuten hin zu mehr Diplomatie.Weil unsere Kinder in den Uniformen stecken, müssen wir alles dafür tun, dass der Waffengebrauch eine Übung bleibt. Der demokratiezersetzenden Militarisierung in den Köpfen stünden reale, dienstverpflichtete Menschen entgegen. Die (wieder) lernen und lehren, wie grausam Krieg – und dass er zu vermeiden ist. Nicht, indem man immer mehr Waffen anschafft, sondern indem man mögliche Angreifer abschreckt und die friedliche Beilegung von Konflikten favorisiert.Pazifismus heißt nicht, dass Demokratien sich wehrlos ergeben müssen. Ganz im Gegenteil: Die Einführung einer allgemeinen Demokratiewehrpflicht ist ein pazifistischer Akt in der Überzeugung, dass Frieden die bessere Wahl ist. Für ihn braucht es Demokratiesoldaten. Man weiß ja: Kein Gott, kein Kaiser noch Tribun wird es richten, das müssen wir schon selber tun.



Source link

Von Veritatis

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert