Jeffrey Goldberg deckte kürzlich ein gigantisches Sicherheitsleck in der US-Regierung auf. Der Chefredakteur des „Atlantic“-Magazins brachte damit Donald Trump und seine Leute in arge Bedrängnis. Es war nicht das erste Mal
Die Feindseligkeit der Rechten wird noch dadurch verstärkt, dass Jefffrey Goldberg einen guten Draht zu Präsident Barack Obama hatte
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Wie genau Jeffrey Goldberg in dem Signal-Gruppenchat landete, in dem geheime Pläne zur Bombardierung der Huthis im Jemen diskutiert wurden, bleibt ein Rätsel. Die Nachwelt wird es vielleicht als einen der glücklicheren Zufälle der jüngsten US-Geschichte betrachten. Hätte das Schicksal einen Journalisten in das Treffen schicken wollen, um durch dessen Anwesenheit Trump und seinem Zirkel das größtmögliche Unbehagen zu bereiten, hätte es kaum einen passenderen Kandidaten geben können.
Jeffrey Goldberg, Chefredakteur des Magazins The Atlantic, war Donald Trump schon vor der peinlichen Enthüllung Ende März ein Dorn im Auge. Zugleich wird Goldberg aber auch vom linken Flügel der US-Medien und -Politik wegen seiner Positionen zu
einer Positionen zu Israel, seiner früheren Tätigkeit in der israelischen Armee, seiner ablehnenden Haltung gegenüber dem Iran und seiner Unterstützung der US-Invasion im Irak scharf kritisiert.Seit er 2016 Chefredakteur des Atlantic wurde, hat er es gleichwohl geschafft, Geschichten aufzudecken, die Trump aufregen. Dies erklärt die Feindseligkeit, die Goldberg von mehreren Regierungsbeamten und -Stellvertretern entgegengebracht wurde. Peinlich, dass sie ihn trotzdem zu einem Chat hinzufügten, an dem auch Verteidigungsminister Pete Hegseth, der Nationale Sicherheitsberater Mike Waltz, die Leiter der Geheimdienste des Landes, Vize-Präsident J.D. Vance und andere teilnahmen. Mike Waltz, der den Gruppenchat einrichtete, nannte Goldberg in einem Interview einen „Verlierer“ und deutete an, dass er sich seinen Weg in die Gruppe erschlichen haben könnte. Bemerkenswert ist, dass Waltz darauf bestand, Goldberg nicht zu kennen. Die persönlichen Angriffe schienen inszeniert und zielten darauf ab, die Quelle einer Geschichte zu diskreditieren, die den Eindruck der Unbesiegbarkeit zu zerstören drohte, der Trumps erste zwei Monate im Weißen Haus umgab.Es ist nicht das erste Mal, dass der US-Präsident und sein Umfeld Goldberg angreifen. Während des letzten Präsidentschaftswahlkampfs reagierte Trump wütend auf einen Atlantic-Artikel von Goldberg, in dem der ehemalige Stabschef des Weißen Hauses, John Kelly, zitiert wurde, dass Trump sich Militärgeneräle wünscht, die persönlich loyal sind – so wie seiner Meinung nach deutsche Kommandeure Hitler gedient haben. Trump hatte sich bereits über einen früheren Goldberg-Artikel beschwert, der ebenfalls Kelly zitierte und in dem Trump angeblich tote US-Soldaten, die auf einem französischen Friedhof begraben waren, als „Idioten und Verlierer“ verächtlich gemacht hatte. Die Feindseligkeit der Rechten wird noch dadurch verstärkt, dass Goldberg sich einen Ruf als Barack Obamas bevorzugter Interviewpartner erworben hat.Talent und Mut von Jeffrey Goldberg in einem heiklen Feld der nationalen SicherheitAuch wenn der Hintergrund der Einladung Goldbergs zum Chat ungeklärt bleibt, hat sie doch einen gewissen Bezug zum Nahen Osten und zu Israel. Der 59-jährige Goldberg wurde als Sohn jüdischer Eltern in Brooklyn geboren und studierte an der Universität von Pennsylvania, die er jedoch vor seinem Abschluss verließ, um nach Israel zu gehen. Er trat in die israelische Armee ein und diente während der ersten Intifada als Wärter in einem Gefängnis, in dem palästinensische Häftlinge einsaßen. In seinen Memoiren beschreibt er, wie er Zeuge wurde, wie Gefangene geschlagen wurden.Seine israelischen Verbindungen führten zu einigen Aufsehen erregenden Texten. Dazu gehörte 2010 eine Titelgeschichte des Atlantic, die sich auf Quellen in den höchsten Militär- und Geheimdienstkreisen des Landes stützte und voraussagte, dass Israel die iranischen Atomanlagen innerhalb eines Jahres angreifen würde, um das islamische Regime am Bau einer Bombe zu hindern. Obwohl es nicht zu einem Angriff kam, könnte die Wirkung des Artikels die Obama-Regierung dazu veranlasst haben, den Druck auf Teheran zu erhöhen, über eine Begrenzung seines Atomprogramms zu verhandeln.Kritisiert wurde er jedoch auch für einen New Yorker-Artikel im Jahr 2002, in dem er behauptete, Saddam Hussein stelle eine erhebliche Bedrohung für die USA dar, da er über Massenvernichtungswaffen verfüge. Nach der US-geführten Invasion des Irak im Jahr 2003 wurden diese nie gefunden. Der Vorwurf, Goldberg habe die Invasion des Irak unterstützt, wurde jüngst von seinen heutigen Pro-Trump-Kritikern vorgebracht – als Teil ihrer Bemühungen, ihn zu diskreditieren.Einige von Goldbergs Kollegen finden, dass sein Talent und sein Mut als Journalist und Herausgeber in dem jüngsten Skandal deutlich zu Tage getreten seien. Die Zeitschrift bewege sich demnach in dem heiklen Feld der nationalen Sicherheit. „Wie in seinem Atlantic-Artikel deutlich wird, gibt er keine streng geheimen Informationen preis, nichts, was die Beteiligten gefährden könnte“, sagte Jay Tolson, Redakteur eines Kulturmagazins an der Universität von Virginia und ein Kollege Goldbergs aus den frühen 2000er Jahren. Tolson über Goldberg: „Er ist ein sehr mutiger Typ, der unbedingt die Wahrheit sagen will.“