Was wären für Sie zu viele weibliche Lehrer?
Wenn 60% des Lehrerkollegiums weiblich ist, 70%, 80%?
Nun, derzeit sind deutschlandweit von den Lehrern, die voll- oder teilzeitbeschäftigt sind, also ohne Berücksichtigung der Lehrer, die stundenweise beschäftigt sind, 73% der Lehrer weiblich. Mit Berücksichtigung der stundenweise beschäftigten Lehrer bewegt sich dieser Wert in Richtung 80%.
Das ist zu viel.
Nicht nur vom Gefühl her, auch aufgrund der damit einhergehenden Auswirkungen, die wir in der Überschrift auf die Formel: “Zu viele weibliche Lehrer schaden allen Schülern” gebracht haben. Und weil sich das Ganze graphisch eher setzt, hier der Anteil männlicher und weiblicher Lehrer, die voll- und teilzeitbeschäftigt sind, für die einzelnen Bundesländer.
Die Anteile variieren zwischen 28,9% männlicher Lehrer (71,1% weibliche Lehrer) in Berlin und 22,1% männlicher Lehrer (77,9% weibliche Lehrer) in Sachsen Anhalt. Der Lehrerberuf ist weitgehend eine weibliche Domäne geworden. Ein Ergebnis davon ist, wie wir heute zeigen, dass die Leistung von Schülern darunter leidet.
Zeigen kann man das am Beispiel der Schulabgänger, die in einem Schuljahr, wir haben die neuesten verfügbaren Daten, die das Schuljahr 2021/2022 betreffen, ohne einen Schulabschluss bleiben. Das ist nach wie vor ein Makel, der den Betroffenen sein Leben lang begleitet und die Wahrscheinlichkeit auf ein Leben in Arbeitslosigkeit und Sozialhilfe erhöht.
Die folgende Abbildung zeigt den Anteil der Schüler, die 2021/2022 ohne einen Schulabschluss geblieben sind, für die beiden Geschlechter und die Bundesländer. Der Wertebereich variiert bei männlichen Schülern von 6,1% der männlichen Schüler des Jahrgangs 2021/2022, die in Hessen ohne einen Schulabschluss geblieben sind, bis 11,5%, auf die das in Sachsen-Anhalt zutrifft bzw. von 4,4% aller weiblichen Schüler, die in Hamburg oder Hessen 2021/2022 die Schule ohne Abschluss verlassen haben bis 8,7%, die in Bremen ohne Abschluss geblieben sind.
Armutszeugnisse für die Bildungssysteme der jeweiligen Bundesländer.
Die Frage, die uns schon 2001/2002 beschäftigt hat, so sehr, dass wir die Weihnachtsferien 2001/02 dazu verwendet haben, damals noch die relevanten Daten aus den Papierberichten des Statistischen Bundesamt herauszuschreiben, ist die nach der Ursache für das schlechtere Abschneiden von Jungen im Gegensatz zu Mädchen bei sekundärer Schulbildung, und seit einigen Jahren muss man anfügen, das zunehmend schlechtere Abschneiden von Mädchen. In unserem Beitrag “Bringing Boys Back In: Soziale Ungleichheit zwischen den Geschlechtern im Bildungssystem zuungunsten von Jungen am Beispiel der Sekundarschulabschlüsse”, der dann Ende 2002 in der Zeitschrift für Pädagogik erschienen ist, haben wir dann erstmal einen Zusammenhang zwischen dem Anteil von Grundschullehrerinnen und der Anzahl von Jungen, die ohne einen Schulabschluss bleiben, nachgewiesen. Die Hypothese, die dahinter stand, präsentieren wir doch einmal ausführlicher:
“Zum einen besteht die Möglichkeit aktiver Benachteiligung von Jungen gegenüber Mädchen durch Lehrerinnen. In einem gesellschaftlichen Klima, in dem die geteilte Geschlechtszugehörigkeit von vielen (auch innerhalb der Sozialwissenschaften; vgl. hierzu beispielsweise Kelle/Lüdemann 1995, S. 258) gleichbedeutend mit einer geteilten Subkultur ist, ist mit dieser Möglichkeit zu rechnen.
Wir halten es jedoch für wahrscheinlicher, dass die Nachteile, die Jungen gegenüber Mädchen durch die Betreuung durch Lehrerinnen haben, eine unbeabsichtigte Folge des Handelns der Lehrerinnen sind, die das Verhalten von Jungen und Mädchen unterschiedlich interpretieren und bewerten. Dass dies so ist, darauf weisen Studien hin, die zur Überprüfung der „Related-Attributes-Hypothesis“ durchgeführt wurden (Miller 1984; Wheeler/Koestner/Driver 1982; Wheeler/Zuckerman 1977; Zanna/Goethals/Hill 1975). Diese Annahme ist jedoch auch durch andere Überlegungen und Studien im Rahmen der Theorie sozialer Vergleiche gerechtfertigt (Goethals/Darley 1977; Wheeler/Miyake 1992). So ist es denkbar, dass Mädchen, die sich in einer Klasse (negativ) auffällig verhalten, eine größere Zuwendung und ein größeres Verständnis durch Lehrerinnen erfahren als Jungen, die sich (negativ) auffällig verhalten. Frasch und Wagner (1982) haben u.a. festgestellt, dass Lehrerinnen häufiger als Lehrer Jungen (und nicht Mädchen) aufrufen, wenn sie sich nicht von sich aus melden. Wenn man davon ausgeht, dass ein häufiger (wenn auch nicht der einzige) Grund, sich nicht zu melden, fehlendes Wissen ist, so bedeutet dies, dass fehlendes Wissen von Jungen häufiger entdeckt wird als fehlendes Wissen von Mädchen. Außerdem könnte die geschlechtsspezifische Auslese durch die Schule der geschlechtsspezifischen Sozialisation geschuldet sein, ähnlich wie die schichtspezifische Auslese durch die Schule ein Ergebnis der schichtspezifischen Sozialisation ist (Rolff 1997): Lehrerinnen prägen die Schulkultur; möglicherweise erwarten und prämieren sie solche Verhaltensweisen, die Mädchen im Rahmen ihrer Sozialisation einüben, Jungen aber nicht (in demselben Maß). Umgekehrt sind Verhaltensweisen, die den schulischen Alltag stören und vermutlich auch die schulischen Leistungen beeinträchtigen, bei Jungen häufiger als bei Mädchen anzutreffen (Eagly/Chravala 1986), und möglicherweise werden Lehrerinnen durch solches Verhalten stärker irritiert als Lehrer, wenn sie als Maßstab die eigene geschlechtsspezifische Sozialisation heranziehen. Dies alles wäre besonders in der Grundschule von Bedeutung, weil am Ende der Grundschulzeit und mit dem Übertritt in eine Schule des Sekundarschulbereichs die ‚Schulkultur‘ eingeübt ist und die Weichen für die weitere Schulkarriere gestellt werden. Welche der genannten Möglichkeiten auch immer zutreffen mag, sie alle lassen erwarten, dass ein größerer Anteil männlicher Grundschullehrer an allen Grundschullehrern mit geringeren Nachteilen von Jungen gegenüber Mädchen im System schulischer Bildung einhergeht. ”

Die Idee, die dahinter steht, umfasst eine Annahme mehr oder minder zugunsten weiblicher Lehrer, nämlich die, dass die durch sie geprägte Schulkultur eine für Jungen zusätzliche Anforderung darstellt, mit der sie durch jungentypische Verhaltensweisen leicht in Konflikt geraten können, was wiederum den Schulerfolg der Jungen behindert. Der Grundstein für diese Divergenz zwischen Verhaltensweisen und Anforderungen durch die von weiblichen Lehrern geprägte Schulkultur wird in der Grundschule gelegt, wird indirekt über Passungsprobleme oder direkt über eine für Jungen im Vergleich zu Mädchen schlechtere Grundschulempfehlung relevant. Der Nachteil von Jungen, so unsere damalige These, wird in Grundschulen begründet und dann über (a) entweder eine suboptimale Empfehlung für weiterführende Schulen oder gleich eine Abschiebung auf eine Sonder-, heute Förderschule (b) oder dauerhafte Passungsschwierigkeiten der Schüler mit der sie umgebenden von weiblichen Lehrern geprägten Schulkultur perpetuiert.
Heute sind wir der Ansicht, dass die von weiblichen Lehrern und manisch betriebenen Förderprogrammen für weibliche Schüler ausgehende anti-Jungen-Schulkultur nicht nur über die beiden beschriebenen Prozesse in Nachteilen resultiert, sondern über direkter und oft aktive Benachteiligung, was zu der Hypothese führt, dass man den Zusammenhang, den wir 2001/02 für weibliche Grundschullehrer gefunden haben, für weibliche Lehrer eben an den Schulen, an denen die Jungen ohne Abschluss bleiben, finden müsste.
Das haben wir getestet.
Und bestätigt:
Der Zusammenhang zwischen dem Anteil männlicher Lehrer und dem Anteil männlicher Schüler, die ohne Schulabschluss bleiben, ist negativ. Je weniger männliche Lehrer in einem Bundesland an weiterführenden Schulen zu finden sind, desto schlechter schneiden Jungen ab. Steigt der Anteil männlicher Lehrer um nur 1%, dann sinkt der Anteil der Jungen, die die Schule ohne einen Abschluss verlassen an allen Schulabsolventen um 0,43%.
Das umgekehrte Verhältnis gilt für weibliche Lehrer: Steigt ihr Anteil um 1%, dann erhöht sich der Anteil der Jungen, die ohne einen Schulabschluss bleiben, um 0,43%. Man kann somit feststellen, dass ein hoher Anteil weiblicher Lehrer Jungen schadet.
Aber, und das ist nicht nur das Neue, sondern das auf den ersten Blick Überraschende, er schadet nicht nur Jungen, er schadet auch Mädchen, zwar in etwas geringerem Ausmaß, aber dennoch:
Mit einem Prozent zusätzlicher Anteil männlicher Lehrer reduziert sich der Anteil der Mädchen, die ohne einen Schulabschluss bleiben um 0,23%. Mit einem Prozent zusätzlicher Anteil weiblicher Lehrer steigt der Anteil der Mädchen, die ohne einen Schulabschluss bleiben, um 0,23%.
Ein solches Ergebnis verweist auf tiefer gehende Probleme, die sich mit einem hohen Anteil weiblicher Lehrer in Schulen verbinden, Probleme von Professionalität und Kompetenz.
Wissenschaft und Information verständlich und in Klartext.
Unterstützen Sie ScienceFiles
Anregungen, Hinweise, Kontakt? -> Redaktion @ Sciencefiles.org
Wenn Ihnen gefällt, was Sie bei uns lesen, dann bitten wir Sie, uns zu unterstützen.
ScienceFiles lebt weitgehend von Spenden.
Helfen Sie uns, ScienceFiles auf eine solide finanzielle Basis zu stellen:
Entweder direkt über die ScienceFiles-Spendenfunktion spenden [das ist sicher und Sie haben die volle Kontrolle über ihre Daten]:

Oder über unser Spendenkonto bei Halifax:
ScienceFiles Spendenkonto:
HALIFAX (Konto-Inhaber: Michael Klein):
- IBAN: GB15 HLFX 1100 3311 0902 67
- BIC: HLFXG1B21B24
Wenn Sie ScienceFiles weiterhin lesen wollen, dann sind Sie jetzt gefordert.
Related