Ich schmirgle gerade an meinem Lebenslauf. Wahrscheinlich viel zu spät, denn die Cannabis Social Clubs können sich jetzt schon nicht mehr retten vor Bewerbungen. Das Interesse, legal an Marihuana und Hasch zu kommen, ist groß. Im Münchner Club Greeners e. V. sieben sie deshalb gnadenlos aus: „Wir legen Wert auf ein ausgefallenes und ehrliches Bewerbungsschreiben“, sagt der stellvertretende Vorsitzende Luca Bartosch. Und: „Wichtig für uns ist, dass der berufliche Werdegang durch beispielsweise Linkedin nachvollziehbar ist.“ Die Berliner Clubs geben sich da etwas lockerer, immerhin.

Doch auch sie haben in ihre Satzungen das aktuelle Cannabis-Gesetz (CanG) eingearbeitet. Ursprünglich sollte damit ein Modell aus Spanien kopiert werden. Dort hat man als Mitglied eines Cannabis Social Clubs Zutritt zu schicken Bars, in denen man entspannt kiffen kann. Liebliche Vorstellungen, verehrte Leser, aus denen ich Sie nun zu Ihrem eigenen Schutz herausreißen muss, denn bei uns ist genau das Gegenteil richtig. In einem deutschen Cannabis-Club ist der Konsum von Cannabis strengstens verboten. Hört sich vielleicht etwas kontraintuitiv an, aber genau so ist es.

Cannabis-Club: Anbauen, nicht konsumieren

Erst außer Sichtweite des Clubs darf man sich einen Joint anzünden, natürlich nur, wenn auch Menschen unter 18 Jahren, Schulen, Kinderspielplätze, Kinder- und Jugendeinrichtungen, Sportstätten und Ähnliches außer Sichtweite sind. Solange Google noch keine Logistiklösung dafür gefunden hat, bietet es sich an, Büsche oder Lkws als Sichtschutz zu nutzen. Während in Spanien ein „gemütlicher und geräumiger Loungebereich“ lockt, in dem einen „freundliches Personal“ begrüßt, wird man in Deutschland nicht selten eine Anbauplantage vorfinden, mit Schrecken den eigenen Namen rot markiert auf einem Schichtplan sehen, weil man seinen Einsatz verdödelt hat. Laut Gesetz müssen Mitglieder nämlich „beim gemeinschaftlichen Eigenanbau von Cannabis aktiv“ und „eigenhändig mitwirken“ (Paragraf 17, 2).

Während sich also in spanischen Cannabis Social Clubs Freunde des Konsums treffen, sollen es hierzulande Freunde des Anbaus sein. Das gilt es bei der Bewerbung zu berücksichtigen. Gefragt sind Leute, die anpacken können und zuverlässig ihre Arbeitsschichten übernehmen. Neben diesen Kernqualitäten helfen Gartenlaubenerfahrung und Excel-Expertise, um Dokumentationspflichten nachkommen zu können. Lücken im Lebenslauf sind problematisch. Hat man da nur rumgegammelt, war ständig high? Da läuten die Alarmglocken, ist doch klar. Denn was passiert im Wiederholungsfall mit der schönen Cannabisplantage?

Die geht ein. Das wird nicht so toll, wenn man 500 Mitgliedern die Missernte erklären muss, wo man im Anschreiben noch geprotzt hatte: „Sehr erfolgreich pflanze ich seit vielen Jahren in meinem Grow Room spezielles ‚Gemüse‘ an.“ Vielleicht hat man sich im Bewerbungsgespräch auch zu folgender Aussage hinreißen lassen: „Mit Freuden übernehme ich das vom Gesetz vorgeschriebene Amt des Sucht-Präventionsbeauftragten.“ Was muss man sich dann wohl anhören? „Prävention durch Erntevernichtung, oder wie?“ Ich glaube, ich warte mit meiner Bewerbung noch etwas und hoffe, dass das Modell auf keine weiteren Drogen übertragen wird. Nicht dass ich in ein paar Jahren noch einem Alkohol Social Club beitreten muss.

Susanne Berkenheger war früher Netzliteratin (Zeit für die Bombe) und Satirikerin (SPAM bei Spiegel online). Für den Freitag schreibt sie sehr gerne ihre monatliche Kolumne „Die Ratgeberin“.



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Von Veritatis

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