Ist das eine unsinnige Unterscheidung?

Ein 18jähriger Syrer wurde gerade als Haupttäter festgenommen und wegen Totschlag und gefährlicher Körperverletzung angeklagt. Er war Teil einer Gruppe, die in der Nacht zum 23. Juni 2024 über zwei junge Männer hergefallen ist, wobei einer der beiden jungen Männer verletzt, der zweite, Philippos Tsanis, getötet wurde. Er erlag seinen schweren Verletzungen, die er unter anderem durch Tritte gegen den Kopf erlitten hatte.

Die Anklage lautet wie gesagt auf „Totschlag (Philippos) und gefährliche Körperverletzung (das zweite Opfer). Die Frage, die wir mit diesem Beitrag stellen wollen: Ist die Trennung zwischen Totschlag und Mord sinnvoll?

Ein Totschlag ist als vorsätzliche Tötung definiert, die NICHT die Tatbestandsmerkmale von Mord erfüllt. Der Strafrahmen von Totschlag endet bei 15 Jahren. Der von Mord beginnt dort mehr oder weniger, je nachdem, wie viele Jahre „lebenslänglich“ gerade umfasst. Um die Trennung zwischen Mord und Totschlag nachvollziehen zu können, ist es zunächst einmal notwendig die Tatbestandsmerkmale, die einen MORD auszeichnen und bei einem Totschlag „fehlen“, zu kennen.

Sie gliedern sich in drei Gruppen:

  • Motive/Beweggründe,
  • Absichten/Ziele,
  • Tatumstände,

Schon diese Zusammenstellung macht einmal mehr deutlich, dass Juristen es nicht sonderlich mit der Logik und Präzission haben, denn natürlich sind Motive von Absichten nicht wirklich zu trennen und Beweggründe und Ziele weisen ebenfalls eine Überlappung auf. Gehen wir daher ins Detail, um das „Denken“ von Juristen auseinanderzuklamüsern.

Die Motive / Beweggründe, die in § 211 StGB als Tatbestandsmerkmal eines Mordes genannt sind, sehen an erster Stelle die

  • Mordlust, die dann gegeben ist, wenn man einem Täter die Freude am Mord nachweisen kann;
  • Es folgt die Habgier: der Mord zielt auf die Erlangung eines materiellen Vorteils – der typische Poirot-Fall;
  • Schließlich werden niedrige Beweggründe angeführt, die dann vorliegen, wenn die Tat „besonders verwerflich“ oder „besonders verachtenswert“ ist.

Schon diese Reihe macht deutlich, dass Mord letztlich eine Frage der Bewertung ist, eine symbolische Feststellung, die eine besondere Schwere der Tat zum Ausdruck bringen soll.

Weiter mit den Absichten / Zwecken:

Um als Mord gezählt zu werden, sollte die Tötung eines Menschen entweder dazu gedient haben, eine Straftat zu verdecken oder um sich einen Vorteil zu verschaffen. Einmal mehr liegt keine Trennschärfe vor, denn derjenige, der einen Menschen tötet, um eine Straftat zu kaschieren, will sich mit dieser neuerlichen Straftat auch einen Vorteil verschaffen, und wenn es nur der Vorteil ist, der darin besteht, einer Bestrafung für die ursprüngliche Straftat zu entgehen.

Schließlich wird ein Mord über die Tatumstände definiert.

Demnach liegt ein Mord vor, (1) wenn mit der Tötung eines Menschen die Gefahr weiterer Opfer einhergegangen ist, etwa dadurch, dass das Opfer / die Opfer mit einer Bombe in die Luft gesprengt wurden, (2) wenn ein Täter besonders grausam vorgegangen ist, sein Opfer vor der Tötung gequält, gefoltert hat, hier wird ihm eine „rohe“ oder „unbarmherzige Gesinnung“ unterstellt, fast schon lächerlich, wenn man bedenkt, dass es um Mord geht. Schließlich wird von Mord ausgegangen, wenn (3) die Tatbegehung heimtückisch war. Das Opfer z.B. in eine Falle gelockt und umgebracht wurde.

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In allen Fällen in denen weder Heimtücke, noch besondere Grausamkeit vorliegt, in denen keine Dritten durch die Tötung gefährdet wurden, mit der Tötung keine eigener Vorteil verfolgt oder keine vorausgehende Tat vertuscht werden sollte, in denen keine Mordlust, keine Habgier und keine niedrigen Motive vorliegen, ist Totschlag die Anklage der Wahl.

Mord ist also besonders schwerer Totschlag, denn beide Taten setzen einen Tötungsvorsatz voraus, wobei Mord letztlich eine Frage der Bewertung ist, denn: wann ist eine Tat besonders grausam?

  • Ist es besonders grausam, ein am Boden liegendes Opfer mit beschuhten Füßen gegen den Kopf zu treten?
  • Ist es besonders heimtückisch, ein am Boden liegendes, wehrloses Opfer mit beschuhten Füßen gegen den Kopf zu treten?
  • Befindet sich ein Täter, der ein am Boden liegendes Opfer gegen den Kopf tritt, in einer Art Mordlust, einem Rausch, der erst befriedigt ist, wenn das Opfer für alle Zeiten reglos am Boden zurückbleibt?
  • Ist nicht bereits die Bereitschaft, einen wehrlosen Menschen, der am Boden liegt, gegen den Kopf zu treten, Ausdruck niedriger Motive?

Die Fragen sollten deutlich gemacht haben, dass die Frage, ob ein Mord vorliegt oder nicht, ausschließlich eine Frage der Bewertung ist, die letztlich nicht eindeutig zu beantworten ist, wenn ein Täter nicht aussagt, er habe Lust dabei verspürt, einen Mord zu begehen. Die einzigen Morde, die ohne ein Geständnis des Täters und selbst dann nur mit erheblichen Schwierigkeiten als solche veurteilt werden können, sind die Morde, an deren Ende ein handfester nachweisbarer Vorteil etwa in Form eines Erbes oder in Form der Beseitigung eines Mitwissers steht.

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Alle anderen Kriterien für Mord basieren auf subjektiven Einschätzungen, die eigentlich im Strafgesetzbuch nichts zu suchen haben. Und aus diesem Grund sind wir auch der Ansicht, dass eine Unterscheidung zwischen Mord und Totschlag willkürlich ist und gestrichen werden kann.

Wäre es nicht besser, die konkreten, intersubjektiven Tatumstände zur alleinigen Grundlage einer Verurteilung zu machen?

Wer ein wehrloses Opfer mit Tritten gegen den Kopf traktiert, nimmt dessen Tod billigend in Kauf. Deshalb lautet die Anklage nicht Totschlag sondern Mord. Dem toten Opfer ist es letztlich egal, wie sein Tod juristisch bewertet wird, aber einer Gesellschaft, in der Verurteilungen den Zwecken von Generalprävention und Spezialprävention dienen sollen, kann es nicht egal sein.

Generalprävention zielt darauf, potentielle Täter durch das Beispiel einer Bestrafung z.B. eines Mörders von der Begehung eines Mordes abzuschrecken, Spezialprävention dient der Verhinderung weiterer Straftaten durch den konkreten Täter/Mörder.

Wenn klar ist, dass dann, wenn als Ergebnis eigener gewalttätiger Handlungen ein Mensch stirbt und dessen Tod nicht auf Fahrlässigkeit, ein leicht abgerenzbares Tatbestandsmerkmal, das schon dann, wenn wiederholte Handlungen im Spiel sind, also z.B. mehrfach gegen einen Kopf getreten wird, entfällt, zurückgeführt werden kann, ein Mord vorliegt und sich jede Frage erübrigt, ob der Mord durch absurde Bewertungen der Umstände der Tat, die zwar Juristen monatelang beschäftigen können, aber keinen erkennbaren Mehrwert bringen, zum Totschlag abgewertet werden kann, dann dürfte die Generalprävention, die davon ausgeht, um ein Vielfaches größer sein als die Abschreckung, die von dem Wissen ausgeht, dass  selbst dann, wenn ein Mensch stirbt, die Gefahr, wegen Mordes verurteilt zu werden, sehr gering ist.

Die Meldung, die diese Vereinfachung, dieses Bestrafen von der Tat her, mit sich brächte, ist einfach zu übersetzen:

  • Wenn Du ein Messer in eine Auseinandersetzung mitnimmst, und ein Mensch als Folge eines Messerstichs stirbt, ist das Mord.
  • Wenn Du einem Menschen gegen den Kopf tritts und er stirbt daran, dann ist das Mord.
  • Wenn Du einen Menschen umbringst, weil Du an sein Erbe willst, dann ist das Mord.
  • Wenn Du jemanden quälst bis er tot ist, dann ist das Mord.
  • Wenn Du Dein Auto in eine Menge fährst, um Leute zu verletzen und einer stirbt als Folge, dann ist das Mord.

Die Frage, ob Totschlag vorliegt, stellt sich einfach nicht mehr, weil Totschlag als Straftatbestand gestrichen wurde. Die Meldung könnte danach nicht einfacher sein: Wer durch seine Handlungen den Tod eines Menschen billigend in Kauf nimmt, der begeht einen Mord und wird entsprechend bestraft. Alle Fragen, die sich mit den Umständen der Tat verbinden, ob Gruppendynamik im Spiel war oder Handlungen im Affekt ausgeführt wurden, können nach Feststellung des Straftatbestands in die Festsetzung der Höhe der Strafe eingehen. Derzeit führt eine Verurteilung zu einer „lebenslänglichen Haftstrafe“ in der Regel zu einer Haftzeit von mindestens 15 Jahren, in der Regel nicht mehr als 25 Jahren. Die konkreten Umstände der Tat können sich somit problemlos in einer Festsetzung der Haftzeit, die mit lebenslänglich verbunden ist, niederschlagen.

Aber natürlich ist dieser Vorschlag für diejenigen, die per COVID-19 Spritze den Tod von Menschen, z.B. durch Anaphylaktische Schocks oder Herzstillstand in Kauf genommen haben, wenig attraktiv und weil sich darunter viele Polit-Darsteller befinden, wird auch weiterhin Totschlag im Strafgesetzbuch zu finden sein, und es werden sich weitere Generationen von Juristen mit der Frage beschäftigen, ob man aus dem Handeln eines Täters irgendwie auf etwas schließen kann, was man sich einbilden muss, weil man es zumeist nicht beobachten kann…


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Von Veritatis

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