Die EU wird im Handelskrieg mit Donald Trump erneut auf Vergeltungszölle setzen – und damit republikanische Arbeiter treffen. Warum Elon Musk & Co. ungeschoren davonkommen und wie eine klügere Antwort auf die aktuelle US-Politik aussähe


Führt Trump die USA in die nächste große Wirtschaftskrise? 25 Prozent der US-Amerikaner waren in den 1930er Jahren arbeitslos und konnten sich kaum ein Dach über dem Kopf leisten

Fotos: Dorothea Lange/Heritage Images/Imago, Brendan Smialoeski/AFP/Getty Images (rechts)


Selten sind sich Ökonom*innen einig – es sei denn, es geht um Außenhandelspolitik. Als im September 2024 ein Panel prominenter Wissenschaftler*innen vom Clark Center aus Chicago gefragt wurde, ob die von Donald Trump geplanten Zölle zu höheren Preisen in den USA führen würden, antworteten 95 Prozent mit „Ja“. Nur wenige Monate zuvor hatten 16 Nobelpreisträger*innen in einem offenen Brief erklärt, dass die wirtschaftspolitische Strategie der Demokratischen Partei der des Trump-Lagers überlegen sei. Gebracht haben die Mahnungen nichts.

Trump gewann die Wahl und die Welt steht vor einem neuen Handelskrieg.

Vor allem in den Vereinigten Staaten wird derzeit die Erinnerung an die „Smoot-Hawley-Zollgesetze“ aus den 1930ern b

aus den 1930ern bemüht, um zu illustrieren, wie schädlich ausufernde Handelskriege sind. Jenes Gesetz soll als Reaktion auf eine Krise im heimischen Agrarsektor entstanden sein. Neuere Forschung legt allerdings nahe, dass es verschiedene Geschäftsinteressen waren, die das Schicksal der Bauern als Feigenblatt benutzten, um bestimmten Industrien Vorteile zu verschaffen.Elon Musk schaden, nicht RednecksDer endgültige Gesetzesentwurf, entwickelt von den republikanischen Politikern Willis C. Hawley und Reed Smoot, beachtete die Bedürfnisse des Agrarsektors kaum. Stattdessen umfasste er, als er 1930 von Präsident Hoover ratifiziert wurde, eine Erhöhung der Importzölle auf über 20.000 Produkten. Auf diese Zölle reagierten die meisten Handelspartner mit Vergeltungszöllen, was die Im- und Exporte der USA während der Großen Depression um zwei Drittel einbrachen ließ.Es ist schwer, exakt zu beziffern, wie viel des Einbruchs auf diesen Handelskrieg zurückzuführen ist und wie viel durch die globale Wirtschaftskrise verursacht wurde. Fest steht: Die Smoot-Hawley-Zölle haben die schwierige Situation der US-Bevölkerung weiter verschärft. Die „Hoovervilles“, provisorische Elendsquartiere, die von Obdachlosen während der Weltwirtschaftskrise errichtet wurden, waren die sichtbarsten Folgen dieses Politikversagens.Placeholder image-1Mit Vergeltungszöllen auf die Außenhandelspolitik der USA zu reagieren, war auch während der ersten Amtszeit Trumps die Strategie der Europäischen Union. 2018 erhöhte die EU gezielt Zölle für Produkte, die in republikanisch dominierten Regionen produziert werden (Whiskey, Orangen oder Harley-Davidsons), um so die republikanische Wählerbasis zu treffen. Die gleichen Produkte stehen auch dieses Mal im Zentrum der europäischen Reaktion – wieso also halten die Republikaner dennoch an ihrer Eskalationsstrategie fest?Unter demokratischen Präsidenten werden Reiche reicherZwar sind sich Wirtschaftsexpert*innen einig, dass ein freier Handel in der Summe für alle beteiligten Länder vorteilhaft ist, ein anderer Aspekt der modernen Handelstheorie wird jedoch häufig vernachlässigt: Innerhalb der Länder führt verstärkter Freihandel nicht nur zu Gewinnern, sondern auch zu Verlierern. Und abstrakte Effizienzgewinne sind für Arbeiter*innen, die ihren Arbeitsplatz verlieren, schlicht und ergreifend irrelevant. In diesem Sinne lässt sich Trump als Symptom einer Globalisierungspolitik verstehen, die sich zu wenig um diejenigen kümmert, die unter ihr leiden müssen. Niedrigere Preise für elektronische Produkte sind kein angemessener Ausgleich für den Verlust des eigenen Jobs.Die Zustimmung zu protektionistischen Maßnahmen basiert nicht auf vermeintlich falschen ökonomischen Überlegungen; autoritäres Machtstreben und rassistische Ressentiments sind heute die treibenden Kräfte der Republikanischen Partei.Die zweite Amtszeit Trumps läutet eine Zeitenwende ein. Wie sich die Überreichen des Silicon Valley hinter ihm versammeln, verdeutlicht das eindrücklich. Seit der ersten Amtszeit von Ronald Reagan 1980 ist das Vermögen der reichsten Amerikaner*innen unter demokratischen Präsidenten im Schnitt fast dreimal stärker gewachsen als unter republikanischen (17 Prozent vs. 57 Prozent). Dass Bezos, Musk und Co. Trump trotzdem unterstützen, zeigt, dass sich ihre Prioritäten verschoben haben. Die Maximierung des eigenen Vermögens rückt in den Hintergrund.Ein paar Milliarden wegen einer Rezession zu verlieren, ist ein kleines Opfer, wenn es um die Ausweitung des eigenen Machtbereichs geht. Eine angemessene europäische Antwort im anstehenden Handelskrieg müsste sich auf die Tech-Oligarchen und ihre Firmen konzentrieren. Höhere Zölle auf Whiskey und Orangen werden als Reaktion nicht ausreichen.



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Von Veritatis

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