Im Jahr 2000 hat Albert W. Wu den Begriff „second victim“ – „zweites Opfer“ – geprägt, um damit psychologische, vielleicht auch physische Beeinträchtigungen zu beschreiben, die Ärzte erleiden, die ihre Patienten nicht geheilt, sondern durch ihre medizinische Intervention geschädigt haben.
Eine Meta-Analyse, die Seys, Wu et al. im Jahre 2013 veröffentlicht haben, kommt auf Basis von etwas mehr als 30 Beiträgen, die sich seit 2000 mit dem „second victim“ Phänomen beschäftigt haben, zu einer Inzidenz zwischen 10% und 30%: 10% bis 30% der Ärzte berichten von Leiden, die sich einstellen, wenn sie durch ihren Versuch, einen Patienten zu behandeln, Komplikationen herbeigeführt, den Zustand des Patienten verschlechtert, ihn vielleicht sogar mit einem Kunstfehler um die Ecke gebracht haben:
Wir fragen uns seit nunmehr einigen Jahren, wie die Ärzte, die als „Impfärzte“ im Rahmen der Plandemie zu einer Unzahl von Nebenwirkungen beigetragen haben, mit dieser psychologischen Last, dem Wissen, Menschen, die in vollem Vertrauen zu ihnen gekommen sind, weil sie sich Schutz versprochen haben, tatsächlich geschadet zu haben, leben. Eine Antwort, die man aus der Forschung von Seys, Wu et al. (2013) ableiten kann: Die meisten, zwischen 70% und 90% werden davon nicht beeinträchtigt, leiden nicht darunter, sehen darin wohl eher eine nicht zu verhindernde Kalamität, die ihr Beruf mit sich bringt und deren Ausmaß hinter all dem Guten, das sie sich getan zu haben, vielleicht sogar zurecht vormachen, nicht weiter ins Gewicht fällt. Jedensfalls aus einer kollektiven Perspektive. Diejenigen, die unter Nebenwirkungen nach COVID-19 Shot leiden, werden das vermutlich anders sehen.
Indes, selbst unter Ärzten gibt es normale Menschen: 10% bis 30%, so kann man annehmen, leiden unter dem Leid, das sie verursacht haben. Einer davon, B. Joseph Elmunzer, der sich in der neuen Ausgabe des Journals of the American Medical Association das Ziel gesetzt hat, diesem bislang weitgehend totgeschwiegenen Thema zur Popularität zu verhelfen:
Er tut dies unter anderem aus persönlicher Betroffenheit:
Für mich ist der schwierigste Teil der ärztlichen Tätigkeit die psychologische Belastung durch iatrogene Komplikationen. Dies ist eine größere existenzielle Bedrohung für meine Karriere als jede der anderen, bekannteren Ursachen für Burnout. Darunter, eine Komplikation zu verursachen, zu leiden, ist für mich schon zum Ritual geworden. Und dass es das werden wird, wurde schon früh in meiner Ausbildung deutlich, und es hat sich im Laufe meiner Karriere stetig gesteigert. Während die meisten Ereignisse nur leicht beunruhigend sind, äußern sich die schweren in regelrechten Angstzuständen, in Appetitlosigkeit und Schlaflosigkeit. Wenn ich mich um einen kranken Patienten mit einer Komplikation kümmere, überprüfe ich von zu Hause aus mehrmals pro Stunde die elektronische Patientenakte, wobei meine Stimmungsschwankungen die klinischen und labortechnischen Trends widerspiegeln. Ich kann nicht mehr zählen, wie viele Urlaube durch Komplikationen beeinträchtigt wurden. Ich akzeptiere jetzt die dunklen Tage einer schweren Komplikation als Buße dafür, dass ich das Problem verursacht habe.
Im Original:
„For me, the most difficult part of practicing medicine is the psychological impact of iatrogenic complications. This is a larger existential threat to my career than any of the other more widely publicized causes of burnout. The ritual of beating myself up in the aftermath of a procedural complication, big or small, became evident early on in my training and has escalated steadily throughout my career. While most events are only mildly upsetting, the bad ones manifest with bona fide anxiety, anorexia, and insomnia. When I care for a sick patient with a complication, I check the electronic health record from home several times an hour, with mood swings mirroring clinical and laboratory trends. I can no longer recount the number of vacations tarnished by complications. I now accept the dark days of a serious complication as penance for causing the problem.“
Offenkundig ist das Leid, das sich nach einer „Komplikation“, einem Kunstfehler, einer Nebenwirkung bei einem Arzt einstellt, eine Funktion der Schwere des verursachten Schadens. Ebenso offenkundig stellt sich unabhängig vom Schaden bei den meisten Ärzten keinerlei Leid ein, wie die Ergebnisse von Seys, Wu et al. (2013) zeigen. Die technische Sichtweise, nach der der Kunstfehler, der Behandlungsschaden, die Iatrogenese zum Geschäft gehört und kaum zu verhindern ist, gehört offenkundig zur Selbstdefinition, mit der sich die meisten Ärzte vor psychischem Leid schützen. Und natürlich ist der damit beschriebene Druck, Fehler nicht einzuräumen zu dürfen, selbst wenn man sie begangen hat, ein Druck, den Patienten weiter verstärken, die mit der Erwartung von Heilung und einen fehlerlosen Arzt vor sich zu haben, erscheinen.
Wu (2000) hat schon früh auf diese unsägliche Konstellation hingewiesen:
Seltsamerweise gibt es in der modernen Medizin keinen Platz für Fehler. Die Gesellschaft hat den Ärzten die Last des Verstehens und des Umgangs mit Krankheiten aufgebürdet. Obwohl oft gesagt wird, dass „Ärzte auch nur Menschen sind“, haben technische Wunder, die scheinbare Präzision von Labortests und Innovationen, die greifbare Bilder von Krankheiten liefern, tatsächlich eine Erwartung von Perfektion geschaffen. Die Patienten, die das nachvollziehbare Bedürfnis haben, ihre Ärzte für unfehlbar zu halten, haben sich mit den Ärzten verschworen, um die Existenz von Fehlern zu leugnen. Krankenhäuser sehen in jeden Fehler eine Anomalie, deren Lösung darin besteht, einen Einzelnen ausfindig zu machen und ihm die Schuld zu geben, mit dem Versprechen, dass „so etwas nie wieder passieren wird“.
Im Original:
„Strangely, there is no place for mistakes in modern medicine. Society has entrusted physicians with the burden of understanding and dealing with illness. Although it is often said that “doctors are only human,” technological wonders, the apparent precision of laboratory tests, and innovations that present tangible images of illness have in fact created an expectation of perfection. Patients, who have an understandable need to consider their doctors infallible, have colluded with doctors to deny the existence of error. Hospitals react to every error as an anomaly, for which the solution is to ferret out and blame an individual, with a promise that “it will never happen again.”“
Letztlich scheint diese Kollusion derjenigen, die im Gesundheitsbetrieb tätig sind, mit denen, die sich vom Gesundheitsbetrieb Heilung versprechen, die Kollusion, die darin besteht, ärztliche Praktiken als im eigenen Fall unfehlbar und selbst bei Eintritt eines Fehlers als unvermeidbaren Schlag des Schicksals anzusehen, das große Schweigen zu erklären, das nach der Verursachung von Millionen von Nebenwirkungen, die von schwach bis heftig, von lebensverändernd bis lebensbeendend reichen, herrscht. Niemand hat ein Interesse daran, die gesellschaftliche Vereinbarung, dass man bei Krankheit unbeschwert zum Arzt hüpft, um sich dort von einem kompetenten Heiler Heilung zu holen zu beschädigen.
Das Wohl und Wehe so vieler scheint davon abzuhängen.
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Um so wichtiger sind Initiativen, wie die, die Elmunzer gerade im JAMA gestartet hat, um zusammenzuführen, was zusammengehört, denn die Definition die Scott et al. (2009) für das second victim geben:
„ein Arzt, Pfleger oder ein sonstiger Dienstleister im Gesundheitsbereich, der in ein unerwartetes, unerwünschtes Patientenereignis, einen medizinischen Fehler und/oder eine patientenbezogene Verletzung verwickelt ist, und der durch das Ereignis traumatisiert ist. Häufig fühlen sich die zweiten Opfer persönlich für die unerwarteten Patientenergebnisse verantwortlich und haben das Gefühl, den Patienten im Stich gelassen zu haben, wobei sie ihre klinischen Fähigkeiten und ihr Wissen in Frage stellen…“
Im Original:
„a health care provider involved in an unanticipated adverse patient event, medical error and/or a patient related–injury who become victimized in the sense that the provider is traumatized by the event. Frequently second victims feel personally responsible for the unexpected patient outcomes and feel as though they have failed their patient, second guessing their clinical skills and knowledge base“
ist die Rückseite der Münze, auf deren Vorderseite die Iatrogenese verzeichnet ist, denn Iatrogenese ist definiert als die unbeabsichtigte Verursachung eines gesundheitlichen Schadens (eine Erkrankung, eine Verletzung, eine Infektion, eine Nebenwirkung) im Verlauf einer medizinischen Behandlung deren Ziel die Beseitigung eines Leidens war.
Iatrogenese ist in Krankenhäusern, bei Hausärzten, in allen Bereichen medizinischer und pflegerischer Dienstleistung, in Pflege- und Altenheimen, allgegenwärtig. Nebenwirkungen, die sich nach medizinischen Eingriffen oder Verabreichung von Medikamenten oder Impfstoffen oder angeblichen Impfstoffen einstellen, sind keine Seltenheit.
Dass manche Ärzte darunter leiden, Schaden verusacht, statt Heilung ausgelöst zu haben, ist ebenso ein Tabu wie die Existenz von Iatrogenese selbst und die Herbeiführung von Schaden durch diejenigen, die viele immer noch als „Götter in Weiß“ ansehen, denen sie ihre Gesundheit freudig anvertrauen.
Psychologisch mag es für manche sinnvoll sein, die eigene Verantwortung bzw. die Gefahr, einem schlechten Arzt in die Hände oder von einem guten Arzt per Behandlung geschädigt zu werden, zu verleugnen. Praktisch ist es eine Katastrophe, da man Ereignisse, wie die massenhafte Herbeiführung von Nebenwirkungen durch medizinisch nicht ausgereifte Präparate nur dadurch verhindern kann, dass man ihre Wahrscheinlichkeit reduziert, was voraussetzt, die Fälle, in denen Schaden verursacht wurde, einzuräumen, um sie aufarbeiten zu können.
Eigentlich eine Aufgabe für medizinische Fachverbände…
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