In der schwarz-roten Koalition dürften die Fraktionschefs eine Schlüsselrolle einnehmen. Die SPD stellt einen Parteilinken dem konservativen CDU-Politiker Jens Spahn gegenüber.
Berlin.
Der bisherige SPD-Generalsekretär Matthias Miersch führt künftig die SPD-Bundestagsfraktion. Der 56-Jährige wurde am Vormittag mit mehr als 80 Prozent zum neuen Vorsitzenden gewählt, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Fraktionskreisen erfuhr.
Der SPD-Linke Miersch gilt als enger Vertrauter von Parteichef und Vizekanzler Lars Klingbeil. Dieser hatte sich mit den drei Strömungen der SPD verständigt, Miersch für den Spitzenposten vorzuschlagen. Bei der Wahl erhielt der Niedersachse 99 von 119 abgegebenen Stimmen, 18 Abgeordnete stimmten mit Nein, 2 enthielten sich.
Mit 83,2 Prozent fuhr Miersch ein etwas schlechteres Ergebnis ein als sein Vorgänger Klingbeil, der nach dem SPD-Debakel bei der Bundestagswahl im Februar zum Fraktionsvorsitz gegriffen hatte und 85,6 Prozent erhielt. Zur Einordnung: Klingbeils Vorgänger Rolf Mützenich war in seiner Amtszeit von 2019 bis 2025 auf Ergebnisse zwischen 94,7 bis 97,7 Prozent gekommen.
Miersch muss mit Spahn verhandeln
Im Zusammenspiel der neuen schwarz-roten Koalition dürften die Fraktionschefs Schlüsselpositionen einnehmen. Nicht nur wird Miersch sich bemühen, dem Vizekanzler in den nächsten Jahren die Rückendeckung der SPD-Fraktion zu sichern. Er wolle die sozialdemokratische Handschrift des Koalitionsvertrags mit Leben füllen und in gute, gerechte Gesetzgebung übersetzen, sagte der Niedersachse.
Miersch wird auch viele der Themen mit Unionsfraktionschef Jens Spahn aushandeln müssen, die im Koalitionsvertrag bewusst offengehalten wurden. In der deutschen Parlamentsgeschichte gibt es geradezu legendäre Gespanne wie Volker Kauder (CDU) und Peter Struck (SPD), die unter Kanzlerin Merkel den Koalitionsladen zusammenhielten und darüber sogar Freunde wurden. Spahn wird in der SPD-Fraktion allerdings durchaus kritisch gesehen, spätestens seit seinem umstrittenen Vorstoß, mit der AfD bei organisatorischen Fragen im Bundestag so umzugehen wie mit anderen Oppositionsparteien.
Sein Parteiamt gibt er ab
Sein Amt als Generalsekretär der Partei will Miersch abgeben – zwar nicht sofort, aber spätestens zum Parteitag Ende Juni. Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Parteizentrale, dem Willy-Brandt-Haus, versicherte Miersch in einem Brief, er werde die wichtigsten Aufgaben weiterhin wahrnehmen, „bis meine Nachfolge geregelt ist“.
Als Generalsekretär ist der 56-Jährige auch mit dafür verantwortlich, wie die SPD ihre desaströse Niederlage bei der Bundestagswahl aufarbeitet. Die Parteispitze soll Ende Juni auf einem Parteitag gewählt werden. Es wird erwartet, dass Klingbeil erneut als Vorsitzender kandidiert. Die Zukunft von Co-Parteichefin Saskia Esken dagegen ist offen.
Jahrelang Anführer des linken SPD-Flügels
Miersch ist einer der bekanntesten SPD-Linken. Jahrelang war er einer der Sprecher der Parlamentarischen Linken, also des linken Flügels der SPD-Bundestagsfraktion – bis er im Oktober 2024 nach dem überraschenden Rücktritt von Kevin Kühnert Generalsekretär wurde.
Miersch ist Rechtsanwalt, hat aber politisch bisher vor allem in den Bereichen Umwelt und Klimaschutz gearbeitet. Unter anderem war er als stellvertretender Vorsitzender der SPD-Fraktion von 2017 bis 2024 für diese Themen verantwortlich. In der Ampel-Regierung verhandelte er das umstrittene Heizungsgesetz mit Grünen und FDP und sammelte Ideen seiner Partei für eine bessere Industriepolitik – zur Rettung von Arbeitsplätzen und für günstigen Industriestrom.
Miersch hat aber bereits in den vergangenen Jahren keinen Hehl daraus gemacht, dass er gerne Fraktionschef wäre, er zog aber mehrmals den Kürzeren. In der Fraktion wird er flügelübergreifend geschätzt.
Seeheimer als Fraktionsmanager
Zum Ersten Parlamentarischen Geschäftsführer der Fraktion, eine Art Fraktionsmanager, wurde Dirk Wiese gewählte. Der Innenpolitiker und Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises erhielt laut SPD-Fraktion 82,5 Prozent der Stimmen. (dpa)