SPD-Ko-Chefin Saskia Esken will nicht erneut für die Parteispitze kandidieren. „Ich gebe jetzt mein Parteivorsitzenden-Amt auf und mache Platz für die Erneuerung“, sagte Esken am Sonntagabend in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“. Ende Juni wählt die SPD auf ihrem Bundesparteitag eine neue Führung. Mehrere SPD-Politiker zollten Esken Respekt und kritisierten den Umgang mit ihr.

„Ich habe in den vergangenen sechs Jahren die große Freude gehabt, die SPD als Parteivorsitzende zu führen“, sagte Esken in dem Interview weiter. Die 63-Jährige aus dem baden-württembergischen Calw stand seit 2019 an der Spitze der Partei. Damals hatte sie sich gemeinsam mit Norbert Walter-Borjans in einer Mitgliederbefragung gegen den späteren Kanzler Olaf Scholz und seine Duo-Partnerin Klara Geywitz durchgesetzt.

Immer wieder, massiv verstärkt in den vergangenen Wochen, hatte es jedoch auch aus den eigenen Reihen Kritik an Esken gegeben. Sie selbst sagte dazu nun, sie führe dies darauf zurück, „dass ich als linke und einigermaßen unerschrockene Frau den Mund aufmache, wenn es ungerecht zugeht im Land“. Sie selbst könne jedenfalls „mit großer Zufriedenheit auf meine letzten Jahre an der Spitze der SPD blicken“.

Vorwürfe an den Ko-Vorsitzenden Lars Klingbeil, dieser habe sie nicht hinreichend unterstützt, wies Esken zurück. Sie habe stets „Unterstützung an meiner Seite gehabt“, sagte sie, und mit Klingbeil schon lange in verschiedenen Funktionen vertrauensvoll zusammengearbeitet.

Platz machen für Jüngere

Ihren Verzicht auf eine neue Kandidatur begründete Esken damit, dass sie Platz machen wolle für Jüngere. „Wir haben viele neue Gesichter in der Partei, mit denen wir unsere Gesellschaft im Ganzen repräsentieren können in ihrer ganzen Breite“, sagte die SPD-Chefin. „Dass die jetzt Verantwortung übernehmen, dafür will ich Raum geben“. Dies gelte besonders für junge Frauen. Daher sei bei ihr der Entschluss, nicht noch einmal zu kandidieren, „in den vergangenen Wochen gereift“.

Mit Blick auf die Neuwahl der Parteispitze sagte Esken, sie trete dafür ein, dass es auch künftig bei der Doppelspitze in der Führung der SPD bleibe. Dies habe sich „als Konzept bewährt“. Ihr Bundestagsmandat will Esken demnach weiter ausüben.

Eskens Bilanz als Parteichefin

Zu Eskens größten Leistungen als Parteichefin gehört, gemeinsam mit Walter-Borjans die SPD wieder aus dem damaligen Tief mit Umfragewerten um die 15 Prozent herausgeholt zu haben. Zwei Jahre nach dem Amtsantritt des neuen Führungsduos gewann die SPD 2021 die Bundestagswahl mit 25,7 Prozent der Stimmen. Scholz, dem Esken und Walter-Borjans den Weg zur Kanzlerkandidatur geebnet hatten, wurde Regierungschef.

Walter-Borjans verzichtete danach auf den Parteivorsitz. Esken setzte daraufhin das Duo mit dem neuen Vorsitzenden Klingbeil gemeinsam fort.

Bei der vorgezogenen Bundestagswahl im Februar musste die SPD mit nur noch 16,4 Prozent eine schwere Niederlage hinnehmen. Während Esken jedoch daraufhin massiv in der Kritik stand, sicherte sich ihr Duo-Partner Klingbeil zunächst zusätzlich den Fraktionsvorsitz und dann das Amt des Bundesfinanzministers und auch des Vizekanzlers. Es wird davon ausgegangen, dass Klingbeil auch am Parteivorsitz festhält.

Den Fraktionsvorsitz übernahm mit Klingbeils Eintritt in die Regierung der bisherige Generalsekretär Matthias Miersch. Esken hatte deutlich signalisiert, dass auch sie sich ein Ministeramt vorstellen könne, wurde aber von ihrer Partei nicht nominiert.

Kritik am parteiinternen Umgang

Mehrere SPD-Politiker zollten Esken am Sonntag Respekt für ihre Entscheidung, nicht mehr als Parteivorsitzende zu kandidieren. Zugleich äußerten sie scharfe Kritik am parteiinternen Umgang mit ihr in den vergangenen Monaten. „Der Versuch, sie zum Sündenbock für unser miserables Wahlergebnis zu machen, war kein Ruhmesblatt und entsprach weder im Inhalt noch im Stil der Debatte den Grundwerten der SPD“, sagte der SPD-Bundestagsabgeordnete Ralf Stegner dem „Handelsblatt“.

„Mit ihrem Schritt heute beweist sie eine Größe und ein Verantwortungsbewusstsein, das ich mir von manchen ihrer Kritiker in den letzten Wochen gewünscht hätte“, sagte Türmer dem Blatt.

Der ehemalige Gesundheitsminister Karl Lauterbach schrieb im Onlinedienst X, Esken habe einen „wesentlichen Anteil“ daran gehabt, dass die SPD die Bundestagswahl 2021 gewinnen konnte. „Auch den neuen Koalitionsvertrag hat sie wesentlich mitverhandelt. Sie verdient Respekt und Dank für die große Leistung.“ (afp/dpa/red)



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Von Veritatis

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