Zwischen konservativer Theologie und politischer Brisanz wird der US-amerikanische Papst, der zugleich Peruaner ist, zur Schlüsselfigur in einer gespaltenen Kirche – und einem Gegenspieler von Donald Trump
„Habemus Papam“: L’Osservatore Romano, die Tageszeitung des Heiligen Stuhles und der Vatikanstadt, verkündet die Wahl des neuen Papstes
Foto: Dan Kitwood/Getty Images
Zu welchem Lager hat er denn gehört, werden viele nach der Wahl eines US-Amerikaners zum neuen Papst fragen. Denn die katholische Kirche der USA, samt ihren sieben von weltweit 135 papstwahlberechtigten Kardinälen, ist parteipolitisch und kulturell so unversöhnlich gespalten wie das ganze Land. Da gibt es welche, die Papst Franziskus öffentlich angriffen, weil er unchristlich progressiv gewesen sei, und andere, die die Kirche für queere Menschen öffnen wollen.
Robert Prevost aber, der sich den Papstnamen Leo XIV. gegeben hat, kommt in einem Artikel der FAZ, der drei Tage vor dem „Habemus Papam“ erschien und jeden der US-amerikanischen Kardinäle ausführlich charakterisiert, praktisch gar nicht vor. Er sei ein „Sonderfall“, hei
or. Er sei ein „Sonderfall“, heißt es nur, „der schon bald nach der Priesterweise seine Heimat verließ“.Tatsächlich hatte der 1955 in Chicago geborene Theologe, der 1977 dem Augustinerorden beigetreten und 1982 zum Priester geweiht worden war, von 1985 an in Peru gewirkt, was auch zu seinem Herkunftshintergrund mit spanischen und kreolischen, im Übrigen auch französischen und italienischen Wurzeln passte. Von 1988 bis 1992 war er dort Prior seines Ordens.2001 wurde er zum Generalprior des Ordens mit Sitz in Rom berufen. 2014 schickte ihn Papst Franziskus nach Peru zurück, wo er von 2015 bis 2023 Bischof des Bistums Chiclayo war. Im selben Jahr erlangte er die peruanische Staatsbürgerschaft. Ende Januar 2023 kam er wieder nach Rom, wo Franziskus ihm ein besonders einflussreiches Amt gab, das des Präfekten der für die Bischofsernennung zuständigen Kurienbehörde. Acht Monate später machte ihn Franziskus zum Kardinal.Zwischen Papst Leo XIV. und Donald Trump wird es zum Konflikt kommenInfolge seiner Herkunft und seines Lebenslaufs ist er so sehr Süd- wie Nordamerikaner. Dies und der Umstand, dass er in den USA nicht häufig präsent war, wird zu der Vermittlerrolle zwischen den zerstrittenen US-Kardinälen, die man ihm zuschreibt, viel beigetragen haben. Sein theologisches Profil ist ein konservatives: Die Zulassung von Frauen zur Priesterweihe lehnt er ab, obwohl er sich wie Franziskus bemüht, die Bedeutung der Mitarbeit der Frauen in der Kirche hervorzuheben. Dennoch hat er im Streit zwischen den deutschen Bischöfen und dem Vatikan, der sich nicht zuletzt um die Rolle der Frauen drehte, vermittelnd gewirkt.Wie die Katholiken und Katholikinnen ihren Genderstreit austragen, ist deren Sache. Alle Menschen aber sind nun gespannt, wie ein US-amerikanischer Papst, der zugleich Peruaner ist, sein Verhältnis zum US-Präsidenten Donald Trump gestalten wird. Prevost selber wird sich die Frage nicht so stellen. Er sieht sich als Missionar, der die christliche Botschaft neu in die Welt tragen will, und eben auch als Nachfolger Leos XIII., der als Papst zwischen 1878 und 1903 die erste Sozialenzyklika seiner Kirche verfasste, deshalb auch als „Arbeiterpapst“ in die Geschichte einging, ansonsten aber restaurativ, ja reaktionär auf die gesellschaftliche Entwicklung im 19. Jahrhundert reagiert hatte.Daran erinnert man sich, wenn man gehört hat, wie Prevost schon in seiner ersten Messe als Papst am 9. Mai 2025 das Streben nach Geld, Macht und Erfolg in der Welt von heute verdammte und etwa die „Krise der Familie“ beklagte, unter der „unsere Gesellschaft leidet“. Doch ob er will oder nicht, wird es zum Konflikt mit Trump kommen.Möchtegern-Augustus TrumpDer Konflikt hat schon angefangen. Im Februar dieses Jahres hatte Trumps Vize JD Vance in einem Interview gesagt: „Es gibt ein christliches Konzept, dem zufolge man zuerst seine Familie liebt, dann seinen Nächsten, dann seine Gemeinschaft, dann seine Mitbürger – und erst danach den Rest der Welt. Ein großer Teil der radikalen Linken hat das völlig auf den Kopf gestellt“. Dieser Lüge widersprach Prevost auf X: „JD Vance irrt sich: Jesus fordert uns nicht dazu auf, unsere Liebe zu anderen zu bewerten oder zu gewichten.“Die römische Kirche hat sich bei weitem nicht immer, aber doch häufig gegen die imperiale Macht gestellt, zuletzt etwa im Pontifikat des Polen Johannes Paul II., als der sich öffentlich auf die Seite der Gewerkschaft Solidarność stellte. Es ist eigentlich ein Zug, der zum innersten Kern der christlichen Religion gehört, denn wie Jesus Christus von einem römischen Statthalter, Pontius Pilatus, hingerichtet wurde, ist auch der Satz kein Zufall, mit dem die Geschichte von Jesu Geburt im Lukasevangelium beginnt: „Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde.“Lukas kannte vielleicht die um 40 vor Christus entstandenen „Hirtengedichte“ des römischen Staatsdichters Vergil, der einem anderen „Knaben“ Gnade wünscht, eben dem künftigen Augustus, wie viele Interpreten meinen: „dem Knaben, der soeben geboren wird und mit dem das eiserne Geschlecht endlich vergehen wird“ – in einer Welt, in der „die Rinder mächtige Löwen nicht zu fürchten haben werden“.Prevost, der nun wie alle Päpste vor ihm „Stellvertreter Christi auf Erden“ ist, wird daran zu messen sein, wie er dem Möchtegern-Augustus Trump Paroli bietet.