Die Festnahmen erfolgten zeitgleich. In Deutschland, Belgien und Polen schlugen Ermittler zu, koordiniert über Monate hinweg, gestützt durch wochenlange verdeckte Observationen, Telefondaten und Hinweise aus dem Umfeld osteuropäischer Untergrundnetzwerke.
Was am Ende wie eine grenzübergreifende Routinemaßnahme anmutet, ist das Resultat eines minutiös geplanten Zugriffs: Europol, unterstützt von nationalen Polizeibehörden, hat ein Schleppernetzwerk zerschlagen, das zwischen 2022 und 2024 bis zu 300 Menschen illegal nach Europa brachte. Insgesamt 15 Verdächtige wurden festgenommen – darunter acht in Polen, sechs in Belgien und einer in Deutschland. Österreichische Ermittler spielten eine zentrale Rolle bei der Koordination.

Die Ermittlungen begannen nicht mit einem spektakulären Fund, sondern mit einer scheinbar belanglosen Routinekontrolle: Im September 2023 stoppte die deutsche Bundespolizei nahe der Grenze einen Kleintransporter. Der Fahrer, ein in Belgien lebender Staatsangehöriger mit polnischen Wurzeln, wirkte nervös. Seine Papiere wiesen Unregelmäßigkeiten auf. Was zunächst wie ein banaler Fall illegaler Einreise wirkte, entpuppte sich rasch als Anfangspunkt eines weitverzweigten Netzwerks, das auf Effizienz, Anonymität und perfekte Logistik setzte.
Nur wenige Stunden vor seiner Festnahme hatte der Mann offenbar drei aus Syrien stammende Männer in der Nähe von Passau abgesetzt – illegal eingereist über die sogenannte Balkanroute. Die weiteren Ermittlungen führten zu einer länderübergreifenden Ermittlungseinheit unter Leitung von Europol.
Die Spuren führten rasch nach Belgien. Dort hatten sich mehrere Verdächtige über Jahre hinweg ein undurchsichtiges Geflecht aus Tarnfirmen, Vermittlungsagenturen und Transportdiensten aufgebaut. Laut Ermittlern agierte Belgien nicht nur als logistische Drehscheibe, sondern auch als Finanzzentrale: Von hier aus wurden Fahrer rekrutiert, Zahlungen koordiniert und Routen geplant. Aus Ermittlerkreisen heißt es:
„Die belgischen Hauptverdächtigen waren das organisatorische Rückgrat des Netzwerks.“
Auffällig sei die technische Raffinesse gewesen: verschlüsselte Kommunikation über abhörsichere Apps, dezentrale Routenplanung und die gezielte Nutzung legal operierender Transportunternehmen, insbesondere aus Polen.
Auch in Polen liefen seit Monaten verdeckte Ermittlungen gegen ein organisiertes kriminelles Netzwerk, das nun als Teil des Schlepperkartells identifiziert wurde. Diese Gruppe, so die polnischen Behörden, sei nicht nur für den Transport von Migranten über die Balkanroute verantwortlich gewesen, sondern auch tief in den Drogenhandel verstrickt. Amphetamine, Kokain und Marihuana wurden offenbar in denselben Fahrzeugen transportiert, mit denen Menschen aus dem Nahen Osten nach Zentraleuropa geschleust wurden.
Ein brisanter Aspekt: Mitglieder des polnischen Netzwerks sollen Verbindungen zur gewaltbereiten Fußball-Hooligan-Szene gehabt haben.
„Es handelt sich um ein Milieu, das sich zunehmend professionalisiert und grenzüberschreitend organisiert“,
erklärt ein Sprecher der polnischen Antimafia-Einheit.
Die Tarnung sei dabei zentral gewesen: Über ein legales Speditionsunternehmen wurden Transportgenehmigungen erschlichen und Routen nach Südosteuropa verschleiert.

Die bevorzugte Route der Schleuser: Von der Türkei über Griechenland, Nordmazedonien und Serbien nach Ungarn, weiter über die Slowakei nach Österreich, Deutschland oder Belgien. Die Transporte erfolgten in der Regel nachts, unter Ausnutzung schlecht überwachter Grenzabschnitte. Geschleust wurden jeweils Gruppen von vier bis zwölf Personen, versteckt in Lieferwagen oder mit gefälschten Dokumenten ausgestattet in Pkws.
Dabei setzten die Täter gezielt auf wechselnde Fahrzeuge und Zwischenstopps, um der Entdeckung zu entgehen. Laut Europol nutzten die Schleuser auch Fahrten mit echten Warenlieferungen – in einem Fall wurden Migranten in einem mit Lebensmitteln beladenen Kühltransporter gefunden. Das Risiko für die Geschleusten war hoch, wie interne Berichte zeigen: mangelnde Belüftung, Kälte, Dehydrierung.
Der Zugriff war das Ergebnis monatelanger internationaler Kooperation. Neben Europol waren auch Eurojust, das österreichische Bundeskriminalamt, das Landeskriminalamt Steiermark sowie Polizeibehörden aus Belgien, Polen und Deutschland beteiligt. Europol unterstützte nicht nur mit technischer Auswertung von Kommunikationsdaten, sondern stellte auch mobile Einsatzeinheiten und forensische Spezialisten bereit.
An drei gezielt terminierten Einsatztagen – zwischen Februar und April 2025 – schlugen die Behörden zu. Wohn- und Geschäftsräume wurden durchsucht, elektronische Geräte beschlagnahmt, Konten eingefroren. Allein in Belgien sollen Vermögenswerte in Höhe von rund 750.000 Euro sichergestellt worden sein.

Für die Hintermänner war die Flucht anderer ein kalkulierter Geschäftszweig. Die Schleusung pro Person kostete nach Einschätzung der Ermittler zwischen 3.000 und 7.000 Euro – je nach Route, Reisedauer und Herkunftsland. In der Summe könnten Einnahmen im mittleren einstelligen Millionenbereich erzielt worden sein. Gezahlt wurde in bar, über Kryptowährungen oder über Mittelsmänner, die das Geld in Herkunftsländern wie Syrien oder Afghanistan entgegennahmen.
Viele der Geschleusten befanden sich in prekären Lagen: auf der Flucht vor Krieg, Verfolgung oder Elend – andere jedoch offenbar auf der Suche nach einem besseren Leben ohne konkreten Asylgrund. Inwiefern die Personen nach der Einreise Asylanträge stellten oder untertauchten, ist laut Behörden Gegenstand laufender Untersuchungen.
Der Fall hat das Potenzial für politische Debatten. Denn auch die Rolle von EU-Außengrenzen, die mangelhafte Kontrolle auf der Balkanroute und die staatliche Überforderung im Umgang mit organisierten Schleuserringen geraten erneut ins Blickfeld. In Brüssel mehren sich Stimmen, die eine Reform der europäischen Grenzschutzagentur Frontex fordern, sowie schärfere Regularien gegen den Missbrauch von Transportunternehmen. Dazu ein hochrangiger Beamter aus Wien:
„Dieser Fall zeigt, dass Schleusung längst kein improvisiertes Verbrechen mehr ist, sondern in Strukturen abläuft, die an klassische Organisierte Kriminalität erinnern – mit klaren Hierarchien, Finanzflüssen und strategischer Planung.“
Die nun festgenommenen Personen werden in ihren jeweiligen Ländern angeklagt. Den Haupttätern drohen Strafen von bis zu 15 Jahren Haft. Ob die Ermittlungen bereits abgeschlossen sind, bleibt offen. Europol spricht von „weiteren offenen Spuren“ – darunter Hinweise auf mögliche Unterstützer in Südosteuropa und im Nahen Osten.
Ungeklärt ist auch, wie viele Menschen durch das Netzwerk in die EU gelangt sind, ohne registriert zu werden. Dass die Zahl von 300 nur einen Bruchteil darstellt, halten viele Ermittler für wahrscheinlich. In Belgien und Deutschland sind bereits neue Verfahren gegen mutmaßliche Hinterleute in Vorbereitung.
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