Zwischen Russland und die Ukraine läuft der größte Gefangenenaustausch seit Beginn des Krieges. Am 23. Mai wurden 390 Kriegsgefangene freigelassen, am 24. Mai waren es 307. Gleichzeitig gab es in der Nacht erneute Angriffe mit Drohnen und Raketen.
Während eines persönlichen Treffens in der Türkei in der vergangenen Woche einigten sich Vertreter beider Länder darauf, dass jede Seite 1.000 Gefangene freilässt, die sie in den mehr als drei Jahren der Kämpfe gemacht haben.
„Heute ist der zweite Tag des Austauschs von 1.000 gegen 1.000, den wir in der Türkei aushandeln konnten. In nur zwei Tagen wurden 697 Menschen nach Hause gebracht. Wir erwarten, dass der Prozess morgen fortgesetzt wird“, schrieb der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj auf X, zusammen mit Fotos von einigen der zurückgekehrten ukrainischen Soldaten.
„Die Ukraine ist bereit zu jeder Form von Diplomatie, die ein Ergebnis bringt“, sagte Selenskyj. „Wir sind bereit zu allen Schritten, die eine echte Sicherheit garantieren können. Allerdings ist Russland dazu nicht bereit.“
„Jeden nach Hause bringen“
„Die Aufgabe besteht darin, absolut jeden, der derzeit in Russland festgehalten wird, nach Hause zu bringen. Und das ist eine gemeinsame Aufgabe für unsere Geheimdienste, für unsere Diplomaten, für unseren ganzen Staat. Natürlich ist das keine einfache Aufgabe, aber sie muss erfüllt werden“, sagte er.
Von den Heimkehrern am Samstag seien 273 im Gebiet Donezk in russische Gefangenschaft geraten, ein großer Teil schon 2022, sagte Selenskyj. Andere seien in den Gebieten Cherson, Saporischschja, Charkiw und Luhansk gefasst worden von den Russen.
Russland erhielt nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau dieselbe Zahl an Gefangenen zurück, darunter neben Soldaten auch Zivilisten.
Erst der Austausch, dann der Waffenstillstand
Am 23. Mai kündigte der russische Außenminister Sergej Lawrow an, dass Moskau erst den Gefangenenaustausch beenden wolle, bevor es seine Ideen für einen Waffenstillstand vorlege.
Allerdings werde das Dokument nicht öffentlich präsentiert, sondern eine Grundlage sein für den sehr schwierigen Verhandlungsprozess, sagte der Vizechef des russischen Föderationsrates, Konstantin Kossatschow, dem Militär-TV-Sender „Swesda“.
Beide Seiten haben Interesse an einigen Waffenstillstandsvereinbarungen bekundet, waren sich aber nicht einig, wann sie die Kämpfe unterbrechen sollten und wie lange die Pause dauern sollte.
Die freigelassenen russischen Soldaten wurden zunächst aus ukrainischem Gewahrsam nach Weißrussland verlegt. Dort erhielten sie erste medizinische und psychologische Hilfe, bevor sie zur weiteren Behandlung und Rehabilitation nach Russland zurückkehren. Das teilte das russische Verteidigungsministerium mit.
„Der von der russischen Seite initiierte großangelegte Austausch wird fortgesetzt“, fügte das russische Ministerium an.
Drohnen- und Raketenangriffe in den Nächten
Der aktuelle Druck sei ungenügend, so der Chef der ukrainischen Präsidialkanzlei, Andrij Jermak, auf Telegram. „Ohne Druck wird sich nichts ändern, und Russland und seine Verbündeten werden nur Kräfte aufbauen für solche Morde in westlichen Ländern. Moskau wird kämpfen, solange es die Möglichkeit hat, Waffen zu produzieren.“
Rubio: Direkte Gespräche nötig
Trump telefonierte am 19. Mai mit Putin, danach mit Selenskyj. Nach diesem Anruf kündigte Trump an, dass beide Seiten zugestimmt hätten, die Waffenruhegespräche sofort zu erneuern.
Der russische Staatschef kündigte nach dem Telefonat das Memorandum für einen möglichen künftigen Friedensvertrag an. Nach russischen Angaben soll es neben den Grundursachen des Konflikts zwischen Moskau und Kiew auch die Aussicht auf eine mögliche Waffenruhe enthalten.
In Kiew hatte Selenskyj gesagt, er warte auf die russische Erklärung. Zugleich lehnte er einen von Moskau geforderten Rückzug der ukrainischen Truppen aus den nur noch zum Teil von Kiew kontrollierten Gebieten Saporischschja, Cherson, Luhansk und Donezk ab.(afp/dpa/red)