Deutschland taumelt durch seine ökonomische Krise. Nun steht mit ThyssenKrupp die Zerschlagung eines Industrieflaggschiffs an. Auch die grüne Transformation kann den Traditionskonzern nicht mehr retten.

von Thomas Kolbe

Die schlechten Nachrichten vom deutschen Wirtschaftsstandort wollen einfach nicht abreißen. Nach den Katastrophenzahlen der Automobilhersteller steht nun ThyssenKrupp vor der Zerschlagung. Nach alarmierenden Zahlen für das zweite Quartal seines Geschäftsjahres 2024/2025 scheint das Ende einer deutschen Industriegeschichte nicht mehr aufzuhalten zu sein. Was Vorstandschef Miguel López als einen radikalen Umbau beschreibt, ist in Wahrheit das Ende eines historischen Symbolträgers der deutschen Industrie. ThyssenKrupp soll in eine Holding umgebaut werden. Mit einer drastisch verschlankten Zentrale (von 500 auf 100 Mitarbeiter) und weiteren Kürzungen in der Verwaltung (ca. 1000 Beschäftigte) wird der Weg für den Verkauf weiterer Unternehmenssparten bereitet.

Die Stahlsparte soll an den tschechischen Oligarchen Daniel Křetínský verkauft werden. Křetínský steigt mit seiner Holding EPCG bei Thyssenkrupp Steel Europe ein. Zunächst ist eine Übernahme von 20 Prozent geplant, über eine Aufstockung auf 50 Prozent wird verhandelt. Allerdings steht die Transaktion noch unter Vorbehalt der Zustimmung der Behörden und des Aufsichtsrats. Die Marinewerft Thyssenkrupp Marine Systems (TKMS) soll ausgegliedert und an die Börse gebracht werden, und der Stahlhandel mit 16.000 Mitarbeitern und 12,1 Milliarden Euro Umsatz ebenfalls abgestoßen werden. Auch Teile der Autozulieferersparte sollen geschlossen oder verkauft werden. Übrig bleibt das Geschäftsfeld „Grüne Technologien“, das zu klein sein dürfte, um eigenständig betriebsfähig zu sein.

Im neuen Segment „Decarbon Technologies“ bündelt Thyssenkrupp seine grüne Zukunftsvision – von Wasserstoff über Windenergie bis zur Zementproduktion. Elektrolyseanlagen der Tochter Nucera sollen fossile Energieträger verdrängen, während Uhde und Polysius auf CO₂-ärmere Produktionsverfahren bei Chemikalien und Zement setzen. Rund 15.000 Mitarbeiter erwirtschafteten im vergangenen Geschäftsjahr 3,44 Milliarden Euro Umsatz, bei einem Vorsteuergewinn von 29 Millionen Euro. Nach Steuern und Abschreibungen stand ein Minus von 54 Millionen Euro zu Buche.

Insgesamt fallen so etwa 70 Prozent des Umsatzes (35 Mrd. Euro) und mehr als die Hälfte der 98.000 Arbeitsplätze weg. Während Mitarbeiter um ihre Jobs bangen, soll López’ Vertrag verlängert werden, unterstützt von Aufsichtsratschef Siegfried Russwurm, gegen den Widerstand der IG Metall.

López bemühte sich bereits vor zwei Wochen in einem Pressestatement um Zuversicht. Man komme „beim Portfolio gut voran“, die Ausgliederung des Marinegeschäfts laufe „auf Hochtouren“, und auch bei Steel Europe arbeite man „entschlossen an der geplanten Neuaufstellung“. Die Maßnahmen des Performancesteigerungsprogramms APEX würden „konsequent“ umgesetzt. Doch scheitert der Versuch des CEO, die tiefe Krise des Konzerns in eine wohlklingende Prosa des Wandels zu kleiden, an der Realität der Zahlen. Diese beschreiben einen Konzern im Abstieg, der sich gegen strukturelle Marktveränderungen kaum zu behaupten weiß.

Die zweite Hälfte des Geschäftsjahres soll laut López „ein stabileres Marktumfeld“ bringen. Das klingt nach Durchhalteparole und nicht nach einem optimistischen Ausblick. ThyssenKrupp ringt mit der Weltlage, mit der Konjunktur und mehr denn je: mit der Zerstörungsmaschine des „Green Deal“. Doch trotz des massiven Gegenwinds verteidigt ThyssenKrupp seine Jahresprognose und setzt auf einen Gewinn vor Steuern und Abschreibungen von 600 Millionen bis eine Milliarde Euro.

Dabei dürfte sich die Lage nicht entspannen. Die deutsche Industrie befindet sich in einem Spannungsfeld komplexer Herausforderungen: hohe Energiekosten treffen auf einen regulierungswütigen Staat und dessen Bürokratie. Das bleibt nicht folgenlos: Im sogenannten Energiewende-Barometer der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) gaben im vergangenen Jahr 45 Prozent der befragten Unternehmen an, ihre Produktion wegen hoher Energiekosten zurückzufahren oder ins Ausland zu verlagern.

Die Energiewende ist ein zentraler Treiber der Krise. Deutschland hat sich ambitionierte Klimaziele gesetzt, doch die Umsetzung ist teuer und chaotisch. Der Ausbau erneuerbarer Energien führte allein 2024 zu einem Anstieg der Netzentgelte um 26,7 Prozent, da die Infrastruktur für Wind- und Solaranlagen Unsummen verschlingt. Die Bundesnetzagentur schätzt die Kosten für den Netzausbau bis 2045 auf mindestens 150 Milliarden Euro. Hinzu kommen Steuern und die CO2-Abgabe, die den Industriestrompreis in Deutschland auf etwa 20 Cent pro Kilowattstunde getrieben haben. Damit liegen die Energiekosten für deutsche Betriebe bis zu fünfmal höher als in den USA oder China. Diese Kosten setzen energieintensive Branchen wie die Stahlindustrie international ins Abseits.

Die Stahlindustrie steht vor besonderen Herausforderungen. Sie ist nicht nur energieintensiver Bestandteil unserer Grundstoffindustrie – sie steht auch im globalen Wettbewerb mit Ländern wie China, die ihre Betriebe nicht im Alleingang mit extremen Umweltauflagen belasten. Auch ein Ausweichen auf neue Segmente scheint keine Lösung zu bringen. ThyssenKrupp investiert in „grünen Stahl“, etwa durch Wasserstofftechnologie. Doch die Nachfrage bleibt schwach, und die Kosten sind zu hoch, um wirtschaftlich produzieren zu können. Der Konzern erhielt zwei Milliarden Euro an Subventionen für die Transformation, doch selbst das scheint nicht zu genügen, um sich auf dem globalen Markt behaupten zu können.

Kein Mut zur ehrlichen Diagnose

Die Politik begegnet der sich zuspitzenden Industriekrise, die längst zu einem Massenexodus produktiver Betriebe geführt hat, mit einer Rhetorik aus wohlvertrauten Floskeln. Als vermeintliches Allheilmittel wird ein sogenannter Industriestrompreis ins Spiel gebracht – ein subventionierter Vorteil für energieintensive Unternehmen –, der jedoch aller Wahrscheinlichkeit nach von Brüssel als unzulässige Beihilfe kassiert werden dürfte.

Mit der von der Bundesregierung vorgeschlagenen Subvention würde der Industriestrompreis auf etwa 5 Cent pro Kilowattstunde zurückfallen – ein weiterer Eingriff des Staates, der einem ganzen Bündel von Interventionen folgte. Die Politik befindet sich längst in einer Interventionsspirale, aus der sie ohne strukturelle Reformen nicht mehr herausfinden kann. Mit jedem weiteren Rezessionsjahr wird eine schrittweise Rückabwicklung des Großprojekts „Green Deal“ wahrscheinlicher. In diese Phase treten wir im Moment der ökonomischen Desintegration der Eurozone ein. Dann werden politische Rettungsarbeiten schlicht nicht mehr finanzierbar sein oder in eine extreme Inflation münden.

Die neue Bundesregierung in Person der Wirtschaftsministerin Katherina Reiche bemüht sich um hektische Betriebsamkeit. Im Wirtschaftsministerium spricht man vom „Investitionsbooster und einer Steuerreform“, um die Unternehmen zu entlasten. Dies alles ist bekannte Politprosa, die jeder Wirtschaftsminister bei Amtsantritt parat haben muss.

Wirklich Zählbares wird bei den zaghaften Reformversuchen nicht herauskommen. Denn auch im dritten Jahr der wirtschaftlichen Flaute fehlt es am politischen Mut, eine ehrliche Diagnose zu stellen. Der Grund für die Deindustrialisierung Deutschlands ist das sture Festhalten am Kurs der grünen Transformation. Die zentral gesteuerte, herbeisubventionierte Energiewende ist gescheitert. Der Niedergang deutscher Traditionsunternehmen wie ThyssenKrupp ist symptomatisch für diese Politik. Und so wird es eine Zeit lang weitergehen, solange Subventionstöpfe aus Brüssel und Berlin diese Illusion des grünen Weges auf Kosten des Steuerzahlers am Leben halten.



Sie lassen sich vor Sonnenblumen ablichten. Sie nennen sich Friedenspartei. Sie treten als glühende Verfechter von Umweltschutz und sozialer Gerechtigkeit auf. Und sie verurteilen Kindesmissbrauch, vor allem die vor einigen Jahren bekannt gewordenen Vorfälle in der katholischen Kirche. Doch wer hinter die Kulissen der Partei Bündnis 90/Die Grünen schaut, dem erst offenbart sich ihr wahres Gesicht – die hässliche Fratze einer Moralpartei ohne jede Moral.

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Von Veritatis

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