Die Nachricht kam zwar nicht überraschend, aber sie schlug dennoch ein wie ein Blitz: Volkswagen kündigte massive Kürzungen sowohl in der Produktion als auch beim Personal an. Das Wolfsburger Stammwerk soll seine jährlichen Produktionskapazitäten um 500.000 Einheiten reduzieren – das entspricht fast der gesamten Produktion des Vorjahres.
Insgesamt wird die Produktionskapazität in Deutschland um 734.000 Fahrzeuge pro Jahr zurückgefahren – ein einzigartiger Umbruch des Konzerns und eine Zäsur in der Wirtschaft der deutschen Nachkriegsgeschichte, die nicht zuletzt von Marken und Exportschlagern wie Volkswagen geprägt wurde. Neben dem Wolfsburger Werk sind auch die Standorte in Osnabrück, Dresden und Zwickau, wo die Produktionskapazität um 170.000 Fahrzeuge im Jahr reduziert wird, von den massiven Einsparungen betroffen. Wolfsburg wird sich künftig auf die Produktion von E-Modellen fokussieren.
Die drastischen Produktionseinschnitte gehen einher mit einem ebenso deutlichen Personalabbau. Dieser soll schneller vorangetrieben werden, als noch vor wenigen Wochen angekündigt. Bis 2030 werden 35.000 Stellen gestrichen, von denen bis jetzt bereits 20.000 vertraglich gemeinsam mit dem Betriebsrat fixiert werden konnten. Betriebsbedingte Kündigungen werden nach wie vor ausgeschlossen, der Abbau erfolgt über Vorruhestandsregelungen und Abfindungszahlungen.
Der Volkswagen-Konzern zeigt sich vor allem bei der Vorruhestandsregelung großzügig und garantiert denjenigen, die auf das Angebot eingehen, bis zu 95 Prozent des letzten Nettogehalts während der Altersteilzeitphase. Auch zeigt man sich bereit, im Einzelfall aufreißende Rentenlücken zur Hälfte zu schließen. Mit diesem Maßnahmenbündel ist es dem VW-Vorstand gelungen, sich dem Ziel von 35.000 Stellenstreichungen schneller zu nähern als zunächst angenommen. Es kann offensichtlich nicht schnell genug gehen – der Druck auf die deutschen Autobauer nimmt weiter zu.
Drastischer Gewinneinbruch
Der Sparkurs ist eine Reaktion auf strukturelle Probleme innerhalb der Autobranche, aber auch auf die anhaltende Wirtschaftskrise im Land: Überkapazitäten, hohe Kosten vor allem im Energiebereich und eine schwächelnde Nachfrage lasten auf den deutschen Autobauern. Das führte auch bei Volkswagen zu einem dramatischen Einbruch des operativen Geschäftsergebnisses im ersten Quartal 2025 um 41 Prozent. Vor allem das China-Geschäft sowie der Einbruch auf dem deutschen Elektroautomarkt setzen VW unter Zugzwang.
Seit dem Aus der E-Auto-Prämie sieht es zunehmend düster für den Absatz deutscher Elektromodelle auf dem heimischen Markt aus. Es fehlt noch immer an einer entsprechenden Ladeinfrastruktur. Zudem lastet die anhaltende Wirtschaftskrise, die potenzielle Kunden im Inland im dritten Jahr trifft, wie Blei auf der Anschaffungsneigung der privaten Haushalte. Größere Investitionen wie der Kauf eines neuen Automobils werden immer häufiger in die Zukunft verschoben.
VW setzt dennoch auf E-Mobilität
Doch trotz der harten Konkurrenz aus China und den USA durch Firmen wie BYD oder Tesla, setzt VW in der Zukunft immer stärker auf E-Mobilität und die Digitalisierung seiner neuen Modelle. Bis 2026 sollen 18 Milliarden Euro in diese Bereiche investiert werden – Kapital, das durch die Kostenkürzungen freigesetzt werden soll. Das Ziel: Bis 2030 will man den Anteil der E-Modelle auf dem europäischen Markt auf 70 Prozent der gesamten Verkaufszahlen gesteigert haben. Doch bleiben viele Probleme ungelöst. Allen voran das leidige Thema der hohen Energiekosten, die der deutschen Industrie den Wettbewerbsvorteil auf dem internationalen Markt genommen haben.
In die klaffende Lücke, die deutsche Autobauer auf dem Weltmarkt hinterlassen, stoßen vor allem chinesische Anbieter vor. Dies gilt sowohl für E-Modelle als auch für konventionelle Antriebstechnologien. Der unbestreitbare Niedergang der deutschen Schlüsselindustrie ist ein hausgemachtes Problem und müsste von der neuen Bundesregierung auch als solches anerkannt werden, wenn sich die politischen Rahmenbedingungen zugunsten der Produktion am heimischen Standort materiell verbessern sollen.
Allerdings sieht es nicht so aus, als sei man in Berlin und Brüssel bereit, das Klimaexperiment durch Deregulierung des Sektors zu beenden oder zu einer rationalen Energiepolitik, die auch eine Rückkehr zur Kernkraft einschließt, zurückzufinden. Wir sollten uns also langsam an die wiederkehrenden Horrornachrichten aus den unterschiedlichen Sektoren der deutschen Industrie gewöhnen.