Beim Treffen der G7 in Kanada standen zu viele Elefanten im Raum, um noch treten zu können. Immerhin einig war man sich im Schulterschluss mit Israel beim Vorgehen gegen den Iran – ein fatales Signal
Alle noch einmal beisammen: Gruppenfoto mit Donald Trump – bevor der US-amerikanische Präsident demonstrativ früher abreiste
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Was sind die G7 nach 50 Jahren, etlichen Erweiterungen und dem Ausschluss Russlands 2014 noch wert? Einst sollten sie weltpolitischer Diplomatie dienen, um Konflikte zwischen den wichtigsten Industrieländern zu schlichten und auf gemeinsame Ziele einzuschwören. Eine Art exklusiver Gentlemen’s Club der Großmächte, gedacht als kollektive Feuerwehr in Krisenfällen. Kein Gipfel ohne gemeinsame Abschlusserklärung.
Die in diesem Jahr entfiel, um Ärger mit der Diva aus Washington zu vermeiden, mehr als Statements zu ausgewählten Einzelproblemen wollte die Gipfelregie nicht riskieren. Es standen so viele Elefanten im Raum, dass die Gipfelteilnehmer kaum treten konnten. Israels Krieg gegen den Iran und in Gaza, der Russlands gegen die Ukraine, Handelsstr
Handelsstreit, Rivalitäten um Rohstoffe, der Ölpreis, die Klimakrise. Die G7, nach Donald Trumps vorzeitiger Abreise nur noch zu sechst, schienen überfordert, zumal ihnen der US-Präsident einmal mehr die kalte Schulter zeigte und sie mit einem vorzeitigen Ausstieg brüskierte.Dieser Exit folgte offenbar auch dem Zweck, ein weiteres Tête-à-Tête mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zu vermeiden, der erst am zweiten Gipfeltag anreiste und ins Leere griff.Blankoscheck für Trump-RegierungDonald Trump hat solche Treffen schon während seiner ersten Amtszeit wenig geschätzt. Er will kein Primus inter Pares sein, sondern dominieren und Auftritte zelebrieren. Selbst das devote Management des jetzigen Gipfels durch den kanadischen Gastgeber Mark Carney schien ihm suspekt. Besser als das mühsame Geschäft der Diplomatie gefallen Trump Machtworte und kryptische Botschaften in sozialen Medien.In puncto Schlagabtausch zwischen Israel und dem Iran war man sich auffallend einig, mit dem Bekenntnis, an der Seite Benjamin Netanjahus gegen Teheran zu stehen. Es bestand Einvernehmen, dass die Islamische Republik mit Gewalt daran gehindert werden darf, ihr Atomprogramm fortzusetzen.Damit haben die Europäer der Trump-Regierung einen Blankoscheck für eine militärische Intervention an Israels Seite ausgestellt, ob sie das wollten oder nicht. Und sie haben ihre jahrzehntelangen Bemühungen desavouiert, einen friedlichen und belastbaren Ausgleich zu finden. Stattdessen wird nun der falsche Eindruck erweckt, Teheran sei allein schuld an dem, was derzeit passiert. Als habe es 2015 kein Nuklearabkommen gegeben, das funktionierte, bis es Donald Trump 2018 einseitig verwarf und alles ins Rutschen kam.G7 vorübergehend oder auf Dauer überholtWenn es schon als Erfolg verbucht wird, dass es bei G7-Treffen nicht zu einem Krach mit dem US-Präsidenten kommt, dann hat sich dieses Format vorübergehend oder auf Dauer überholt. Empfiehlt es sich, zum Kaliber „G6 plus EU“ zu wechseln, bei dem es noch Raum für Kompromisse geben dürfte, auch wenn das globale Ranking darunter leidet? Es bliebe nicht viel mehr übrig als eine „Koalition der Willigen“, die es unter Einschluss Kanadas schon gibt, seit die USA aus der westlichen Pro-Ukraine-Front bis auf Weiteres ausgeschert sind.Das Format reformieren, erweitern und damit stärken? Sollten sich neue Mitglieder wie Brasilien, Indien oder Südafrika bereitfinden, einzuschwenken, wo sie doch über Formate wie BRICS plus verfügen? Selbst China wird ins Gespräch gebracht. Nur würden die G7 dadurch handlungsfähiger, wenn in der Konsequenz die Arbeitsteilung mit den G20 ihren Sinn verliert, weil Staaten aus dieser Gruppe aufrücken?