Zahlen sind faszinierend: magische Zahlen, Glückszahlen, irrationale Zahlen, imaginäre Zahlen – die Liste der Zahlentypen ließe sich endlos fortsetzen. Das Besondere an Zahlen ist, dass ihre Strukturen oft verblüffende Zusammenhänge enthüllen. Und doch: Warum zieht uns ausgerechnet die Sieben derart in ihren Bann?

Allgemein lässt sich beobachten, dass die Zahl Sieben in vielen Phänomenen immer wieder auftaucht: Die Menschen der Antike glaubten, dass es sieben sichtbare Planeten am Himmel gab: Sonne, Mond, Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn. Die moderne Wissenschaft widerspricht dieser Ansicht, doch die antiken Deutungen prägten das Weltbild jener Zeit nachhaltig. Wir zählen sieben Kontinente, sprechen von den sieben Weltmeeren und den sieben Weltwundern der Antike.

Im Christentum stehen sieben Todsünden sieben Tugenden gegenüber. Im japanischen Buddhismus gibt es sieben Glücksgötter, und Shakespeare beschreibt sieben Lebensphasen.

„Die sieben Todsünden und die vier letzten Dinge“, 1505-10, von Hieronymus Bosch. Die vier äußeren Kreise (Tod, Gericht, Himmel und Hölle) umgeben die sieben Todsünden (von unten im Uhrzeigersinn): Zorn, Neid, Habgier, Völlerei, Trägheit, Wollust und Hochmut. Nationalmuseum Prado, Madrid.

In seiner berühmten Veröffentlichung aus dem Jahr 1956 weist George A. Miller darauf hin, dass Menschen im Arbeitsgedächtnis nur etwa sieben Dinge behalten können (dies wird oft als „Millersche Regel“ bezeichnet). In der Mathematik ist die Sieben eine Primzahl, also unteilbar (außer durch eins und sieben, was sie jedoch nicht wirklich teilt). Somit ist sie symbolisch mit Vorstellungen von Ganzheitlichkeit oder Integrität verbunden.

Die spirituelle Bedeutung der Sieben

Besitzt die Sieben eine tiefe spirituelle Relevanz, lässt sich erklären, warum sie als Glückszahl gilt, warum sie in Chakrenlehren auftaucht oder weshalb ihr in der Numerologie besondere Prophetie beigemessen wird. Schließlich steuert die über uns liegende spirituelle Welt die materielle Welt, wie im altägyptischen „Totenbuch“ steht: „Die ganze Welt, die unten liegt, wurde geordnet und mit Inhalten gefüllt von den Dingen, die oben sind; denn die Dinge unten haben nicht die Macht, die Welt oben zu ordnen.“

Das Wichtigste, was man über die Zahl Sieben wissen muss, ist ihre Bedeutung als Zahl der Fülle und Vollendung des derzeit bestehenden Kosmos sowie als neue Weltordnung (oder als kommende Welt). Dies wird am deutlichsten, wenn wir uns ansehen, wie sie zerlegt werden kann. Es gibt drei Möglichkeiten. Die Sieben ist keine Zahl, die geteilt werden kann, sondern eine Primzahl. Die Sieben kann jedoch durch Sechs plus Eins, Fünf plus Zwei oder Vier plus Drei zustandekommen. Jede dieser Möglichkeiten liefert neue Erkenntnisse darüber, wie das Universum als Ganzes und in seiner Vollkommenheit funktioniert.

Die Sieben-Tage-Woche

Erstens steht die Zahl Sieben als Summe aus sechs und eins für die ursprüngliche jüdische Sichtweise, wie sie im Buch Genesis beschrieben wird. Demnach wurde die Schöpfung in sechs Tagen vollendet, der Zyklus jedoch erst mit dem siebten Tag abgeschlossen – dem Tag, an dem Gott sich von seiner Arbeit ausruhte. Dies hat vielfältige Auswirkungen auf das praktische Leben. 

Die Sieben-Tage-Woche ist bis heute ein grundlegender Bestandteil des Lebens und geht über religiöse oder kulturelle Unterschiede hinaus. Wissenschaftler glauben, dass die ursprüngliche Sieben-Tage-Woche vor 5.000 Jahren bei den Babyloniern begann. Sie richteten sich bei der Festlegung der Woche nach dem Mondzyklus. Sie schafft einen natürlichen Rhythmus für Arbeit und Ruhe.

Es gibt auch Kalender, die auf anderen Grundlagen basieren. Bei den Maya in der Vergangenheit und den Akan heute beispielsweise sind die Wochen nicht auf sieben Tage ausgerichtet. Zwar wäre es abwegig zu behaupten, dass diese Systeme nicht so gut funktionieren wie das Sieben-Tage-System, aber wir stellen beispielsweise fest, dass die alten Römer eine Acht-Tage-Woche hatten, bevor sie zum Sieben-Tage-System übergingen. Dies geschah noch bevor Kaiser Konstantin zum Christentum konvertierte.

Die Sieben-Tage-Woche, die vom Judentum, Christentum und Islam verbreitet wurde, erschien Außenstehenden, die sie zunehmend übernahmen, im Laufe der Zeit nicht mehr als etwas Exklusives oder Religiöses. Vielmehr funktionierte sie einfach gut. Sie bot einen ausgewogenen Zyklus, wobei der siebte Tag (unabhängig davon, ob er auf Freitag, Samstag oder Sonntag fiel) oft als Ruhetag vorgesehen war.

Die Idee der festen Ruhezeit während der Woche hat sich weltweit tiefgreifend auf das Wohlbefinden der Menschen ausgewirkt. Sie steht im Einklang mit dem menschlichen Tagesrhythmus sowie den produktiven Phasen. Wissenschaftliche Studien legen nahe, dass Gehirn und Körper mit einer wöchentlichen Ruhephase am besten funktionieren. So schreiben Alain Reinberg und Michael H. Smolensky beispielsweise in ihrem 1983 erschienenen Artikel „Biological Rhythms and Medicine“

„Circaseptane Rhythmen – biologische Rhythmen mit einer Dauer von etwa sieben Tagen – wurden in zahlreichen physiologischen Prozessen beobachtet, darunter die Immunantwort und die Regulation des Herz-Kreislauf-Systems. Dies deutet darauf hin, dass der menschliche Körper von Natur aus auf einen Sieben-Tage-Rhythmus abgestimmt ist. Die Praxis, innerhalb dieses Zyklus einen Ruhetag einzulegen, könnte dazu beitragen, diese Rhythmen zu synchronisieren, das allgemeine Wohlbefinden zu steigern und die Belastungen für den Körper durch anhaltenden Stress zu verringern.“

Dieser Ruhetag dient der Erholung, Regeneration und dem Abbau von Stress. Er kann die langfristige Produktivität, Kreativität und das Wohlbefinden steigern. Es ist zwar gut, aktiv zu sein, aber wie Sokrates bemerkte: „Hüte dich vor der Unfruchtbarkeit eines geschäftigen Lebens.“

Wir brauchen Ruhe – selbst Gott hat sich eine Auszeit genommen – und wenn wir sie uns nicht gönnen, sind wir anfälliger für Zusammenbrüche. Der praktische Zyklus von sechs Tagen Arbeit und einem Tag Ruhe sorgt für Erfüllung und Ausgeglichenheit.

Dualität und die menschliche Erfahrungswelt

Eine weitere Kombination, die sich aus der Zahl Sieben ergibt, ist Fünf plus Zwei. Die Zahl Fünf steht unter anderem für die Menschheit selbst, für die fünf Sinne, die fünf Finger an Händen und Füßen sowie die fünf Extremitäten (zwei Arme, zwei Beine und ein Kopf). Letztere werden durch das Pentagramm symbolisiert. Darüber hinaus gibt es das sogenannte fünfte Element, das mit der „Quintessenz“ oder der Lebenskraft beziehungsweise dem Geist assoziiert wird, der den Menschen belebt – jenseits der vier physischen Elemente Erde, Wasser, Feuer und Luft.

(l.–r.) Die Personifizierung von Metall, Feuer, Wasser und Erde aus „Die vier Elemente“, 17. Jahrhundert, von Artus Wolffort. Öl auf Leinwand. Privatsammlung.

Die Anzahl der dualen Systeme beträgt zwei: Licht und Dunkelheit, Gut und Böse, männlich und weiblich, Himmel und Erde. Sie steht für die Existenz gegensätzlicher, aber einander ergänzender Kräfte. Gleichzeitig steht sie für einen Bund oder eine Vereinbarung zwischen zwei Parteien. Somit besteht neben dem Potenzial für Harmonie auch eine Differenzierung und göttliche Ordnung. Laut Genesis wurde die Frau aus dem Körper des Mannes geschaffen. Dies schafft eine Trennung, die jedoch der Harmonie dient. Somit vereint die Zahl Sieben hier die Idee der Menschheit, die geteilt und differenziert, doch gleichzeitig vollkommen und vollständig ist.

Die irdische Welt und die himmlische Welt

Schließlich kommen wir zu der Gleichung Vier plus Drei, deren Ergebnis ebenfalls Sieben ist. Auch hier finden wir wieder den vereinigenden Sinn der Vollendung, der dieser Zahl innewohnt. Warum? Weil die Zahl Vier typischerweise symbolisch für unsere Welt steht: die vier Ecken der Erde, die vier Himmelsrichtungen, die vier Jahreszeiten, die vier Mondphasen und vor allem die vier traditionellen Elemente, aus denen die Welt besteht: Erde, Wasser, Feuer und Luft.

Wenn die Zahl Vier die Welt repräsentiert, dann steht die Drei für den Himmel, sozusagen die andere Welt – das, was die Ägypter als „das, was oben ist“ bezeichneten. Die Zahl Drei taucht immer wieder in der Dreifaltigkeit der Götter auf (sowie im dreieinigen Gott des Christentums), auf die sich Religionen und Mythen auf der ganzen Welt immer wieder beziehen.

Wie auch immer man das Ganze rechnerisch aufteilt: Die Zahl Sieben steht für Vollendung, Ganzheit und Fülle, für die Vereinigung von Himmel und Erde. Man könnte sogar sagen, dass alles, was in dieser Welt erreicht werden muss, erreicht ist, wenn wir die Zahl Sieben erreichen. Unsere eigene Lebensspanne beträgt 70 Jahre, das Zehnfache von sieben: „Unser Leben währet siebzig Jahre, und wenn’s hoch kommt, so sind’s achtzig Jahre, und was daran köstlich scheint, ist doch nur vergebliche Mühe; denn es fähret schnell dahin, als flögen wir davon“ (Psalm 90,10). Das ist die uns gegebene Standardzeit, um unser Lebenswerk zu vollenden, zu erreichen und zu beenden – wobei manche natürlich länger leben!
Einige abschließende Gedanken zur Zahl Sieben: Im Johannesevangelium vollbringt Jesus sieben Zeichen, um seine Identität zu offenbaren; am Kreuz spricht Jesus sieben Worte, eines davon lautet: „Es ist vollbracht!“ (Johannes 19,30). „Vollbracht“ ist eine gängige Übersetzung. Um jedoch den tieferen Sinn besser wiederzugeben, übersetzt die Jerusalem-Bibel (1966) diesen Satz im Englischen mit „It is accomplished“, was im Deutschen so viel wie „Es ist vollendet“ bedeutet – sein Werk ist damit also ganz und in sich geschlossen.

Ostersonntag fällt jedoch auf den dritten Tag, der in der mystischen Abfolge zugleich als achter Tag gilt, und die Acht ist eine völlig andere Zahl! Aber dazu vielleicht ein andermal mehr.

 



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Von Veritatis

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