In Kürze:

Transparenz? Die spanische Regierung will mit einem – teils geschwärzten – Bericht die Ursache des Blackouts darlegen.

Überspannung soll das Stromnetz instabil gemacht haben. Was führte dazu?

Anschuldigung: Die Regierung sieht die Schuld beim Netzbetreiber. Dieser wehrt sich und nennt seine Erkenntnisse.

 

Die spanische Regierung hat einen 182-seitigen Bericht veröffentlicht, der Transparenz in den massiven Stromausfall Ende April bringen soll.

Sara Aagesen, Ministerin für den ökologischen Wandel, teilte am Dienstag, 17. Juni, in Madrid mit, dass gleich mehrere Ursachen zum Blackout geführt haben. Auch der spanische Übertragungsnetzbetreiber Red Eléctrica (REE) soll ihrer Aussage nach mitverantwortlich gewesen sein. Dieser wehrt sich gegen die Vorwürfe und sieht die Ursache in einer Anlage – welche genau, bleibt unklar.

In ganz Spanien und Portugal waren am 28. April der Strom ausgefallen. Die Panne hatte ein riesiges Chaos mit massiven Verkehrsproblemen und dem Ausfall von Telekommunikationssystemen zur Folge. Auch Südwestfrankreich und Marokko waren kurzzeitig betroffen. Es handelte sich um einen der bisher größten Stromausfälle in Europa.

Überspannung im Netz

Zunächst kamen Meldungen mit der Aussage, dass vor dem flächendeckenden Stromausfall eine „Überspannung im Netz“ vorlag, die zu einer „unkontrollierbaren Kettenreaktion“ führte. Überspannung heißt, dass die elektrische Spannung in einem Netz zu hoch ist. Im europäischen Verbundnetz liegt diese im Normalzustand bei rund 230 Volt (V) an der heimischen Steckdose. Überlandleitungen weisen mehrere Hundert Kilovolt (kV) auf.

Am Vormittag ab etwa 9 Uhr begann die Netzspannung deutlich zu schwanken. Kurz vor dem Blackout um 12:33 Uhr ging die Spannung massiv nach oben, ehe das Netz vollständig zusammenbrach.
Der Bericht des spanischen Ministeriums ist zwar an einigen Stellen geschwärzt. Dennoch lässt sich daraus lesen: „Als Vergleichsinformation wurden Spannungsdaten vom Umspannwerk ◼◼◼◼ mit 424,8 kV um 12:33:10 Uhr, also einige Sekunden vor der Auslösung, gemessen. Der nächste verfügbare Wert, 475,3 kV, wurde um 12:33:30 Uhr gemessen, also bereits nach den übrigen Ereignissen.“

Der teilweise geschwärzte Bericht der spanischen Regierung zum „Spainout“ Ende April dokumentiert erhöhte Spannungswerte im Netz.

Foto: Bildschirmfoto vom spanischen Bericht

Diese hohen Spannungswerte waren zu viel für das 400-kV-Netz. Bei zu hoher Spannung schalten Schutzsysteme wie Sicherungen Teile des Netzes ab, was zu großflächigen Stromausfällen führen kann.

Die Überspannung habe zu Abschaltungen mehrerer Anlagen zur Stromerzeugung geführt, was wiederum „neue Abschaltungen verursachte“, erklärte die Ministerin. Einige Energieunternehmen hätten ihre Kraftwerke auf „unangemessene“ Art und Weise vom Netz getrennt, „um ihre Anlagen zu schützen“. Auch der Netzbetreiber REE habe hier eine Rolle gespielt.

Wie kam es nun zur Überspannung?

Doch eine Überspannung entsteht nicht einfach so, es ist eine Auswirkung auf vorherige Ereignisse. Aagesen teilte zudem mit, dass es am Tag des Stromausfalls an „ausreichender Kapazität zur Spannungsregelung“ gefehlt habe. Das habe zum Teil an einem Programmierfehler gelegen.

Zum anderen Teil aber auch daran, dass zu wenig Momentanreserve, also Kraftwerke mit schweren, rotierenden Schwungmassen am Netz waren. Diese sind mit „Kapazität zur Spannungsregelung“ gemeint. Sie sorgen für Netzstabilität und können Spannungs- und Frequenzstörungen kompensieren.
Photovoltaik- und Windkraftanlagen haben hingegen keine solche Schwungmassen, dafür aber Wechselrichter, also Leistungselektronik. Diese „erneuerbaren“ Energien können das Netzdaher nicht stabilisieren und sind vielmehr auf ein stabiles Netz angewiesen.
Laut dem Energieexperten Stefan Spiegelsperger hatten am 28. April vor dem Stromausfall nur noch 24 Prozent aller einspeisenden Kraftwerke diese Momentanreserve. Die anderen 76 Prozent – hauptsächlich Photovoltaik – haben eine hohe Blindleistung erzeugt. Dabei handelt es sich um Leistung, die keine elektrische Arbeit verrichtet, aber zwischen Erzeuger und Verbraucher hin und her fließt und elektrische sowie magnetischer Felder erzeugt.

„Wenn es zu viel Blindleistung gibt, steigt dadurch auch die Spannung. Und genau das ist in Spanien passiert“, sagte Spiegelsperger.

Schuld beim Netzbetreiber?

Die spanische Regierung sieht beim Übertragungsnetzbetreiber REE und einigen Stromerzeugern die Schuld an dem Blackout. Sie hätten die hohen Spannungen rechtzeitig ausgleichen sollen.

Aagesen warf den Akteuren vor, ein konventionelles Kraftwerk, das am 28. April Strom produzieren sollte, am Vortag aus der Planung herausgenommen zu haben. Der Netzbetreiber REE entschied sich dazu, kein Ersatzkraftwerk zu aktivieren. „Sie haben ihre Berechnungen angestellt und festgestellt, dass dies nicht notwendig war“, teilte die Ministerin mit. Sie geht von einem Planungsfehler des Kraftwerkbetreibers aus.

Momentanreserve liefern in Spanien Kern-, Wasser- und Kombikraftwerk. In den Stunden vor dem Blackout waren neun dieser konventionellen Kraftwerke aktiv. Dieses Kraftwerks-Portfolio habe laut Aagesen die niedrigste Kapazität zur Spannungsregelung überhaupt in diesem Jahr gehabt. Letztlich war das zu wenig, um die Spannungsspitzen auszugleichen.

Aagesen beklagte, dass einige der verfügbaren Kraftwerke nicht das getan hätten, was gesetzlich von ihnen verlangt worden sei. Spiegelsperger sagte jedoch mit Blick auf die Energieagenda der spanischen Regierung: Die waren vielleicht nicht am Netz, da man ganz viel Wind und Solar[strom] ins Netz bringen wollte.“

Der Energieexperte warf der spanischen Regierung vor, dass sie das insgesamt verursacht hätte.

„Kein Übertragungsnetzbetreiber würde freiwillig die Kraftwerke so reduzieren und so viel Solar und Wind einspeisen.“

REE widerspricht

Bereits am Mittwoch reagierte REE auf die Anschuldigungen der spanischen Regierung und wies diese zurück. REE-Präsidentin Beatriz Corredor machte eine Photovoltaikanlage bei der Stadt Badajoz, in der südspanischen Provinz Extremadura, für den Stromausfall verantwortlich. Den Betreiber der Anlage konnte Epoch Times nicht herausfinden.

Regierung

Eine Photovoltaikanlage östlich von Badajoz. War sie der Auslöser für den Stromausfall in Westeuropa?

Während ihres Betriebs habe sie eine halbe Stunde vor dem Blackout eine „erzwungene Frequenzschwankung“ ausgelöst. Ursache davon soll eine „Fehlfunktion der internen Steuerung“ gewesen sein. Das Unternehmen will dies „eindeutig identifiziert“ haben. Anschließend hätten mehrere kleine Erzeugungsanlagen abgeschalten, was zu einem Spannungsanstieg führte.

Bis vor der Frequenzschwankung der Anlage lief das Netz laut REE noch stabil, die Spannung hielt sich konstant. Doch irgendwann habe sich die abgeschaltete Leistung im Übertragungsnetz auf mehr als 2 Gigawatt erhöht. Das habe zur Folge gehabt, dass das System instabil wurde.

(Mit Material der Nachrichtenagenturen)



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Von Veritatis

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