Zwei bekannte Reiseunternehmen bieten Hotelzimmer und Apartments im Westjordanland an. Das Problem: Sie befinden sich auf von israelischen Siedlern besetztem Gebiet. Was sagen die Firmen, wenn man sie mit ihrer Geschäftsmasche konfrontiert?


Airbnb wartet alleine in illegalen israelischen Siedlungen mit 18 attraktiven Angeboten auf

Collage: der Freitag


Das Ferienhaus ist atemberaubend: der private Swimmingpool, die üppig bepflanzte Terrasse mit Feuerstelle, der lange Esstisch mit Blick auf den Balkon, die Tischtennisplatte, das Klavier. Aber die Krönung ist noch etwas anderes: Vom großzügigen Schlafzimmer aus lässt sich der Sonnenaufgang über den nahegelegenen Bergen beobachten. Allerdings befindet sich das Haus mit Blick auf das westlich von Jerusalem gelegene judäische Bergland in einer israelischen Siedlung. Auf Palästinensern entwendetem Land. Nach internationalem Recht gilt das als: illegal.

Nur einige wenige Palästinenser dürfen diese und andere Siedlungen im Westjordanland betreten, meistens als Arbeitskräfte mit einer Sondergenehmigung.

Auf zwei der weltweit beliebtesten Touri

Übersetzung: Carola Torti

eliebtesten Tourismus-Websites werden 760 Zimmer in Hotels, Apartments und anderen Ferienunterkünften in illegalen israelischen Siedlungen im Westjordanland einschließlich Ost-Jerusalem angeboten. Stand August 2024 können in allen Angeboten auf Airbnb und Booking.com zusammengenommen mehr als 2.000 Gäste untergebracht werden. Das Ferienhaus war nur eines der vielen Angebote. Stand August wurden 350 Immobilien in besetzten Gebieten vermietet„Tekoa ist ein ruhiges, respektvolles und diverses Wohngebiet“, wird das Ferienhaus beworben. Nicht erwähnt werden die jüngsten Auseinandersetzungen kurz außerhalb der Stadtgrenze, bei denen Waffen, Schlagstöcke, Messer und Hunde zum Einsatz kamen und in der Nachbarschaft wohnende Palästinenser von ihrem Land vertrieben wurden. In einem Vier-Meilen-Radius um Tekoa wurden seit 2023 mindestens 100 Palästinenser vertrieben. Das Ausmaß an Gewalt und Landnahme in dem Gebiet ist seit Beginn des Krieges in Gaza dramatisch eskaliert.Tekoa ist ein Gebiet, das für seine schöne Natur, Bio-Farmen und den nahegelegenen Herodion-Nationalpark bekannt ist. Trotz der jüngsten Gewalt ist es – von Ostjerusalem abgesehen – die Siedlung in der Westbank mit den meisten Unterkunftsangeboten für Touristen auf Airbnb. Stand 30. August 2024 findet man im gesamten Westjordanland einschließlich Ostjerusalem fast 350 Immobilien – 321 davon Häuser, Wohnungen oder Zimmer, die auf Airbnb gelistet sind, sowie 26 Hotels auf Booking.com.Hotelzimmer oder Ferienhäuser, die auf beiden Seiten angeboten werden, wurden nur einmal gezählt. Bei Doppelung wurden Ferienwohnungen und Häuser Airbnb zugeordnet, Hotelzimmer Booking.com. Zählt man die Angebote statt der Immobilien, gab es insgesamt 402 im Westjordanland einschließlich Ostjerusalem – 350 auf Airbnb und 52 auf Booking.com. Unter den Airbnb-Angeboten befanden sich 18 in „Außenstellen“ – Siedlungen, die nach internationalem Recht als illegal gelten, auch nicht offiziell von der israelischen genehmigt sind und gegen israelisches Recht verstoßen.Amnesty International: „Kriegsverbrechen sind keine Touristenattraktion“Aktivisten geben zu bedenken, dass multinationale Unternehmen wie Booking.com und Airbnb gegen internationales Recht verstoßen, wenn sie Unterkünfte im besetzten Gebiet vermitteln. Laut den UN gehören Booking.com und Airbnb zu den 16 nicht-israelischen Unternehmen, die Verbindungen zu israelischen Siedlungen im Westjordanland unterhalten. „Jedes Unternehmen, das in Israels illegalen Siedlungen Geschäfte macht, unterstützt ein Kriegsverbrechen und trägt dazu bei, Israels System der Apartheid zu stützen“, erklärte der Krisenreaktionsmanager von Amnesty International UK, Kristyan Benedict. „Da israelisches Militär und Siedler in den vergangenen 15 Monaten zahlreiche palästinensische Zivilisten in der Westbank und Ost-Jerusalem getötet haben, machen sich Tourismusunternehmen zum Komplizen eines blutgetränkten Systems von israelischen Kriegsverbrechen und systematischer Unterdrückung.“Seine Forderung: „Kriegsverbrechen sind keine Touristenattraktion.“ Airbnb, Booking.com und die weitere Geschäftswelt sollten sofort alle Verbindungen zu Israels illegaler Besatzung und anhaltender Annexion palästinensischer Gebiete abbrechen.Auch Sari Bashi, Programmdirektorin bei Human Rights Watch, kritisiert: „Airbnb und Booking.com tragen durch die Zulassung von Objekten in israelischen Siedlungen auf ihren Websites zu Landraub, lähmenden Bewegungseinschränkungen und sogar zur Zwangsumsiedlung von Palästinensern im besetzten Westjordanland und in Ostjerusalem bei. Diese Missstände werden von den israelischen Behörden gezielt eingesetzt, um die Unterdrückung der Palästinenser als Teil des Verbrechens gegen die Menschlichkeit der Apartheid aufrechtzuerhalten.“Sie fordert: „Unternehmen sollten keine schweren Verstöße gegen internationales Recht fördern oder durch sie Gewinn erzielen. Es ist an der Zeit, dass beide Unternehmen aufhören, in den besetzten Gebieten auf gestohlenem Land Geschäfte zu machen.“Niederländische NGO: Booking.com profitiert von KriegsverbrechenDie Veröffentlichung von Angeboten in den besetzten palästinensischen Gebieten durch die Unternehmen wird auch rechtlich angefochten. Die niederländische Staatsanwaltschaft beschäftigt eine Strafanzeige gegen Booking.com wegen der Auflistung von Mietobjekten in israelischen Siedlungen. Es ist aber noch nicht entschieden, ob weitere Maßnahmen ergriffen werden.Die niederländische Non-Profit-Organisation Somo reichte im November 2023 bei der niederländischen Staatsanwaltschaft eine Anzeige ein. Darin wird Booking.com vorgeworfen, „von Kriegsverbrechen zu profitieren, indem es die Vermietung von Ferienhäusern auf Land ermöglicht, das der einheimischen palästinensischen Bevölkerung gestohlen wurde.“ Im vergangenen Monat legte die Organisation neue Beweise vor, nach denen seit der ursprünglichen Anzeige Booking.com seine Angebote in der besetzten Westbank „deutlich ausgeweitet“ habe. Lydia de Leeuw von Somo sagt: „Wir können an den anhaltenden Angeboten im besetzten palästinensischen Gebiet sehen, dass sie keinerlei Absicht haben, damit aufzuhören.“Im Juli 2024 forderte der Internationale Gerichtshof Vereinten Nationen in einem wegweisenden Gutachten Israel auf, die Besetzung der palästinensischen Gebiete zu beenden, da seine Präsenz dort gegen internationales Recht verstoße. Er riet zudem UN-Mitgliedstaaten, die Besetzung nicht als legal anzuerkennen oder mit Hilfe oder Unterstützung zur Aufrechterhaltung der Situation beizutragen.Nur 26 Hotels geben an, dass sie auf palästinensischem Gebiet stehenDie Behauptung der Siedler, dass das gestohlene Land jetzt israelisch sei, spiegelt sich derweil auch in den Airbnb-Angeboten wider. Zwei von fünf Airbnb-Immobilien in israelischen Siedlungen bezeichneten ihre Lage im Titel, in der Adresse oder den Lage-Details als in Israel. Nur zwei Angebote erwähnten explizit, dass sich die Unterkunft auf palästinensischem Gebiet befindet. Drei Viertel erwähnten den Namen der Siedlung im Titel, im Namen oder der Lagebeschreibung.Stand 30. August 2024 erwähnten nur fünf der in israelischen Siedlungen gelisteten 26 Hotels auf Booking.com explizit in ihrer Adresse oder Beschreibung, dass sie sich in palästinensischem Gebiet befinden.Im November 2018 hatte Airbnb angekündigt, rund 200 Angebote in der besetzten Westbank von der Plattform zu entfernen. Nur wenige Monate später änderte das Unternehmen diese Entscheidung, nachdem israelische Rechtsanwälte für die betroffenen Gastgeber und andere eine Sammelklage gegen die Entfernung der Angebote eingereicht hatten. Laut Airbnb spendet das Unternehmen nun die Gewinne aus dem Gebiet an Hilfsorganisationen.Zwischen 2006 und 2024 hat Israel in der Westbank 9.700 Menschen obdachlos gemachtEinem Amnesty International-Bericht aus dem Jahr 2019 zufolge baute die israelische Regierung die Unterstützung der mit den Siedlungen verbundenen Tourismusindustrie aus. Sie habe auch „viele ihrer Siedlungen in der Nähe von archäologischen Stätten gebaut, um eine Verbindung zwischen dem modernen Staat Israel und seiner jüdischen Geschichte deutlich zu machen.“ Auch rechtfertige die israelische Regierung durch die Ausweisung bestimmter Orte als touristische Stätten die Übernahme von palästinensischem Land und Häusern. Das führe zu Zwangsräumungen und Beschränkungen für Palästinenser beim Ausbau ihrer Häuser oder erweiterter Bewirtschaftung des Landes, heißt es in dem Bericht weiter.Israels Politik, historische und religiöse Stätten ebenso wie Naturschönheiten, ausgewiesene Naturschutzgebiete und Nationalparks in der Westbank für internationalen Tourismus auszubeuten, ging Hand in Hand mit der Rückentwicklung der palästinensischen Tourismusindustrie, heißt es in einem Bericht zum israelischen Tourismus-Sektor von der israelischen NRO Who Profits aus dem Jahr 2017. Beispielsweise sind nur 0,3 Prozent der lizenzierten Fremdenführer, die Touristen durch Israel und die Westbank führen dürfen, Palästinenser, obwohl 40 Prozent der touristisch interessanten Stätten, die 2014 von internationalen Touristen besucht wurden, im besetzten palästinensischen Gebiet liegen.Seit Beginn des Gaza-Krieges 2023 hat die Gewalt im Westjordanland deutlich zugenommen. Insgesamt wurden in den zehn Jahren vor dem 7. Oktober 2023 laut UN-Zahlen 881 Palästinenser getötet. In den darauffolgenden 16 Monaten bis zum 11. Februar 2025 waren es 877. Sehr viele, nämlich 857 von ihnen, wurden vom israelischen Militär getötet. Demgegenüber stehen 32 israelische Tote im Westjordanland seit Oktober 2023, davon 21 Soldaten.Auch die Zerstörung von palästinensischem Hausbesitz in der Westbank ist in den vergangenen zwei Jahren eskaliert, wie Zahlen von B’Tselem zeigen. Zwischen 2006 und 2024 hat Israel in der Westbank 9.700 Menschen obdachlos gemacht, indem es ihre Häuser zerstörte. Die meisten Betroffenen pro Jahr gab es 2024 mit 841 zerstörten Häusern und 953 Menschen, die ihr Zuhause verloren.So reagieren Airbnb und Booking.com auf die VorwürfeAirbnb hat es abgelehnt, offenzulegen, wie viel es seit 2019 an humanitäre Organisationen gespendet hat. Damals nahm das US-Unternehmen die Entscheidung zurück, die Angebote von Unterkünften im israelisch-besetzte Westjordanland zu entfernen, und versprach, die Einnahmen aus allen Vermietungen im Westjordanland an humanitäre Organisationen zu überweisen. Das Geld ging an das Institute for Economics and Peace, eine internationale Denkfabrik mit Hauptsitz in Sydney. „Seit 2019 hat Airbnb alle Gewinne aus Übernachtungen in der Westbank an eine internationale Non-Profit-Organisation gespendet“, betonte ein Unternehmenssprecher. „Wir werden diesen Ansatz als Teil unserer globalen Vorgehensweise bei umstrittenen Gebieten weiterverfolgen.“Was Booking.com betrifft, sagt ein Unternehmenssprecher: „Der Krieg in Gaza und die wachsende Gewalt in der Westbank, Libanon und Israel brechen einem das Herz. Wir sind zutiefst betrübt über den extremen Schmerz, das Leid und die Verluste, die so viele Menschen in der Region erleiden. Wir sind in Gedanken bei allen Betroffenen und hoffen sehr auf ein Ende der Gewalt.“Verantwortung wies er von sich: „Unsere Mission ist, es allen leichter zu machen, die Welt kennenzulernen. Deshalb sind wir der Meinung, dass es den Reisenden selbst überlassen bleiben sollte, wohin sie fahren wollen und müssen. Es ist nicht unsere Aufgabe zu entscheiden, wo irgendjemand hinreisen kann oder nicht.“Das Unternehmen beschränkt sich daher auf Aufklärung: „Leider gibt es viele Teile der Welt, an denen es Konflikte und Streitfragen gibt.“ Daher wolle man sicherstellen, dass Reisende gut informiert planen. „Wenn eine bestimmte Region als umstritten oder von Konflikten betroffen eingestuft werden muss, fügen wir auf unserer Plattform entsprechende Informationen hinzu. So helfen wir sicherzustellen, dass Reisende eine gut informierte Wahl treffen oder sich zumindest als Teil ihres Entscheidungsprozesses auf der offiziellen Reisehinweisseite ihres Landes schlaumachen.“



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Von Veritatis

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