Unlängst hatte ich im Gespräch mit der Kollegin und dem Kollegen, mit denen ich mich auf dieser Position abwechsle, gebeten, möglichst keine Münster-„Tatorte“ mehr rezensieren zu müssen. Es mag ja noch angehen, sich derlei anzuschauen, solang man hernach nicht vor einer sechsstelligen Leserschaft dazu in die Bütt und dem Ganzen Sinn geben muss. Muss man das nicht, steht es einem immerhin frei, die Glotze jederzeit nach Belieben auszuschalten und sich sinnvollen Dingen zu widmen. Wieder und wieder über das Stöckchen springen, das einem der WDR da hinhält, kann schon nerven.

Kein Münster-„Tatort“ mehr also für mich? Ja, wenn das man so einfach wäre. Zum einen laufen sie gefühlt überdurchschnittlich häufig (dieses Jahr schon zum dritten Mal!), und wenn der unerbittliche Rhythmus der Dienstpläne dann auch noch die abermalige Auseinandersetzung mit Thiel, Boerne, Haller & Co. unausweichlich macht, beißt man eben doch in den sauren Apfel.

Dabei war der, in Gestalt der 42. Münster-Folge mit dem Titel „Ein Freund, ein guter Freund“, dann gar nicht mal so sauer. Kein Abdriften in so unerklärte wie unerklärliche Parallelwelten wie im Januar, keine bizarren Kunstfiguren wie im März. Der Plot von einer Anwaltskanzlei, die etwas zu tief in die finsteren Geschäfte eines italienischen Mafiabosses verstrickt zu sein scheint, ist zwar wieder etwas verworren, aber nicht ganz so spinnert wie sonst bisweilen. Und abgesehen von ein paar Gläschen Sekt mit den klassischen Spätfolgen beim befreundeten Anwalt zu dessen Abschiedsparty von Deutschland bleiben der Kriminalist Thiel (Axel Prahl), der Gerichtsmediziner Boerne (Jan Josef Liefers) und seine kleinwüchsige Assistentin Silke Haller (Christine Urspruch) auf dem Teppich und Herr ihrer Sinne. Natürlich ist da immer das so vorhersehbare wie gekünstelt-flapsige Gelapp, mit dem die Hauptcharaktere der Serie einander belegen. Prof. Boerne fährt schon wieder einen neuen Oldtimer, diesmal einen VW Karmann Ghia in silbermetallic, und auch nicht zum ersten Mal muss er feststellen, dass es mit seiner Menschenkenntnis nicht allzu weit her ist.

Die Geschichte von Benjamin Hessler, in Szene gesetzt von Janis Rebecca Rattenni, ist selbst nur mäßig spannend. Dabei gibt es immerhin neben dem ermordeten Anwalt Nikolas Weber (Hadi Khanjanpour) mit dessen Kompagnon Friedhelm Fabian (Jan Georg Schütte) einen Entführten – wobei Prof. Boerne gleich die Gelegenheit nutzt, dessen Frau Veronika (Proschat Madani), seiner großen Jugendliebe, näher zu kommen. Aber der stets aufgesetzt wirkende Klamauk als dramaturgische Grundausstattung bei den Münsteranern wird es auch künftig verhindern, dass es in dieser „Tatort“-Sparte zu Wendungen kommt, die härter gesottenen Krimifreunden noch Respekt abnötigen.

Größte technische Überraschung ist da noch der punktuell eingesetzte Split Screen, ein geteilter Bildschirm also, dessen einzelne Segmente verschiedene Handlungsstränge zeigen. Er ergibt Sinn und wäre größerer Aufmerksamkeit in der TV-Fiktion allemal wert.



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Von Veritatis

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