Eine Betrachtung zum “Tatort” von Katharina Leuoth.

Was machen wir mit diesem “Tatort”? Daumen hoch? Daumen runter? Heutzutage soll man ja immer eine starke Meinung haben, sich nicht so sehr mit den Grautönen aufhalten. Nun gut, nehmen wir für den am Sonntag ausgestrahlten Film “Die Kälte der Erde” aus Saarbrücken vier Kriterien zu Hilfe: Realitätsnähe, Kommissare, Handlung, Spannung.

Realitätsnähe. Mein Kollege, der hier kürzlich über den Realitätsverlust beim “Tatort” mit Lena Odenthal schimpfte, ist vorm Fernseher jetzt sicher das letzte Stück Kragen geplatzt. Immerhin wartet der aktuelle “Tatort” damit auf, dass Kommissar Adam Schürk (Daniel Sträßer) versucht, Geld aus einem Raub im Kommissariat zu verstecken, statt den Fund dienstlich zu melden. Das Geld stammt aus einem Banküberfall, den sein verstorbener Vater und sein im Knast sitzender Onkel begangen haben. Adam wird deswegen selbst überfallen, was er natürlich auch nicht offiziell meldet. Mehr Realitätsferne geht nicht. Daumen runter! Könnte man meinen. Aber schauen wir in die Realität. Da gibt es beispielsweise den einen oder anderen Polizisten, der in den Märchenbüchern der Reichsbürger liest und an die Macht von Prinzen glaubt. Mich wundert da (fast) nichts mehr. Dann lieber “Tatort”-Fiktion: Daumen doch noch hoch für den kreativen Realitätsverlust!

Die Kommissare. In ihrer zur Schau gestellten Coolness wirken sie drollig wie Halbstarke. Vor allem Adam: fläumiges Schnurrbärtchen, Muskelshirt, Jeanskluft. Die, die in den 80ern so aussahen, lachen sich heute über ihre Fotos von damals schlapp – jetzt fährt der Zug in Sachen Coolsein ohne sie ab. In diesem “Tatort” rücken nun auch die Kommissarinnen des Teams stärker in den Fokus: Die eine outet sich als Fußballfan, die andere ist schlaflos im Präsidium. Da denkt man mit Wehmut an Meret Becker, die im Berliner “Tatort” eine echt coole Kommissarin spielte. Dennoch kann man sich diesen halb-hippen Saarbrückern nicht so recht entziehen, soll ja auch nicht jeder so wie Batic und Leitmayr in München sein. Daumen? Unentschieden.

Handlung: Spielt im Kosmos der Hooligans, die sich ohne Not kaputt kloppen. Bei manchen Szenen mag man gar nicht hingucken. Vor allem, wenn die einzige Frau unter den Hools – Alina – ausrastet, die in anderen Szenen eine liebevolle Mutter ist. Aber: Schauspielerin Bineta Hansen bringt beide Seiten ihrer Figur glaubhaft rüber! Die Handlung passt im Großen und Ganzen zusammen, und: je länger der Film, desto feiner werden die Stränge wie Spinnweben zusammengezogen. Daumen hoch!

Spannung. Vorhanden. Auch ein geübter Krimigucker kann hier bei der Frage nach dem Mörder mehrmals falsch liegen. Hinzu kommt eine sehenswerte Einbettung der Geschichte in alte Industriearchitektur des Saarlands. Daumen hoch!

Fazit: Doch mehr Daumen hoch als gedacht. Hängt wohl mit der Erwartung zusammen. Der junge Saarbrücker “Tatort” bleibt auf einer schräg-hippen Spur. Wenn man das akzeptiert, ist er ganz gut. 



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Von Veritatis

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