Jährlich drastisch steigende Gewalttaten
Schweiz und Großbritannien keine Vorbilder
Die AfD begründete ihren Debattenantrag im Landtag damit, dass im ersten Halbjahr 2024 in Sachsen-Anhalt mehr als 440 tatverdächtige Ladendiebe jünger als 14 Jahre gewesen seien. Auch die CDU-Landtagsfraktion in Thüringen ist auf das Thema aufgesprungen und forderte bereits am 21. Februar, Kinder ab zwölf Jahren vor Gericht zu stellen.
Wenn Eltern nur noch Kumpel sind
Was also ist die Lösung für Kinder und Teenager? Fragt man Pädagogen, erhält man nie eine eindeutige Antwort. Stets wird gesagt, die Probleme seien „vielschichtig“. Solche Aussagen sind ein Wegducken der Profis und helfen nicht weiter. Denn letztlich lassen sich Probleme von Kindern und Jugendlichen in den häufigsten Fällen auf das Elternhaus zurückführen. Das ist meine Erfahrung als Vater von vier Kindern und als ehemaliger Jugendschöffe in Berlin. Die Eltern-Kind-Beziehung hat sich im Vergleich zu vor vierzig Jahren drastisch verändert. Wenn Kinder ihre Eltern heute beim Vornamen nennen dürfen, statt Mama und Papa zu sagen, dann werden Eltern eher als große Kumpel wahrgenommen und haben keine anerkannte Autorität mehr. Kinder und Jugendliche aber brauchen – im positiven Sinn – Autoritäten.
Die Last der Fehler der 68er
Die Praxis sieht seit vielen Jahren so aus, dass die Kinder den Eltern vor lauter „Selbstbewusstsein“ auf der Nase herumtanzen und zu „Tyrannen“ werden. Nach Meinung von Burkhard Voigt, stellvertretender Vorsitzender des Landesverbandes der Kinder- und Jugendärzte in Hessen, „müssen Eltern lernen, sich von ihren Kindern wieder mehr abzugrenzen“. Der Kinderarzt beklagt in der „Frankfurter Rundschau“ aber auch: „Kinder werden heute einfach so ausgeschaltet – durch Handys zum Beispiel“. Es sei falsch, „immer nur zu wollen, dass die Kinder ruhig sind“, sagt Voigt.
Dazu zählt auch das Überschütten mit materiellen Dingen wie teuren Markenartikeln als Statussymbolen. Kindern fehlen oft einfache Aufgaben zu Hause, die sie zu jenen selbständigen und verantwortungsbewussten Persönlichkeiten werden lassen, die die antiautoritäre Erziehung im Blick hatte, aber nicht erreicht hat.
Bis zur sogenannten „68er-Studentenbewegung“ war die Erziehung in Schule und Elternhaus geprägt von Disziplin, Gehorsam gegenüber Eltern und Lehrern und dem Respekt vor allen anderen Autoritäten. Wo damals zu viel an Obrigkeitsdenken vermittelt wurde, ist heute ein Zuwenig festzustellen: zu wenig Selbstdisziplin, zu wenig Hören auf Eltern und Erzieher und definitiv zu wenig Respekt gegenüber Gleichaltrigen und Erwachsenen. Diese Entwicklung ist ein Versagen der gesamten Gesellschaft, nicht nur einzelner Eltern oder Schulen.
Warum haften Eltern nicht für ihre Kinder?
Deshalb bedarf es einer grundlegenden Neuausrichtung in der Erziehung und in der Elternbildung. Auch bei jenen Eltern, die aus anderen Ländern zu uns kommen. Auch sie tragen Verantwortung für respektloses Verhalten und von Gewalttaten ihrer Kinder. Warum eigentlich haften Eltern nicht für ihre Kinder? Die in Paragraf 832 BGB formulierte und breit auslegbare Aufsichtspflicht für Eltern ist einer der Gründe dafür, dass sich Eltern so oft unschuldig gebärden können, wenn ihre Kinder kriminell werden oder gar Tötungsdelikte begehen.
Es geht nicht immer nur darum, dass Kinder zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht beaufsichtigt werden. Es geht vor allem darum, dass ihnen ein Unrechtsbewusstsein vermittelt werden muss, das im religiösen Bereich als „Gewissen“ bezeichnet wird. Wenn Eltern gewissenlos und egoistisch handeln, ist es wahrscheinlicher, dass ihre Kinder es ihnen gleichtun. Alle Pädagogen wissen: Die Grundlagen für die Entwicklung eines Kindes liegen in der Vorbildfunktion der Eltern, später auch der Lehrer.
Eltern in die Pflicht nehmen, statt Kinder in den Knast bringen
Deshalb muss Schluss sein mit der verwässerten Verantwortung für Eltern. Darüber sollten die Abgeordneten der Landtage in Sachsen-Anhalt und Thüringen diskutieren. Dann würden sie wahrscheinlich erfolgreich dazu beitragen, die Kriminalitätsstatistik von Kindern und Jugendlichen wieder zu senken. Das Wegsperren jedenfalls hilft nicht.
Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers oder des Interviewpartners dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.