In Neu-Delhi dürfen seit dem 31. März Fahrzeuge, die älter als 15 Jahre sind, nicht mehr betankt werden. Diese Maßnahme soll dazu beitragen, die Luftverschmutzung in der indischen Hauptstadtregion zu bekämpfen. Könnte das noch zur Blaupause für die EU werden?
Das Verbot gilt für Benzin-Pkw, die älter als 15 Jahre sind, und Diesel-Pkw, die älter als 10 Jahre sind. Diese Fahrzeuge dürfen ab dem 1. April 2025 an Tankstellen in Delhi keinen Kraftstoff mehr erhalten. Zur Überwachung werden KI-gesteuerte Kameras an Tankstellen eingesetzt, die die Kennzeichen scannen und so überprüfen, ob das Fahrzeug einen aktuellen Abgastest absolviert hat. Bei Verstößen drohen Geldstrafen von umgerechnet etwa 100 Euro sowie die mögliche Beschlagnahmung des Fahrzeugs.
Delhi leidet unter starker Luftverschmutzung und wurde 2023 als die am stärksten verschmutzte Hauptstadt der Welt eingestuft. Bereits seit 2014 gibt es ein Parkverbot für ältere Fahrzeuge in öffentlichen Bereichen. Seit 2018 besteht ein Fahrverbot für Benziner über 15 Jahre und Diesel über 10 Jahre. Die Regelung gilt für ganz Delhi, betroffen sind auch Zweiräder und die berühmten Tuk-Tuk-Dreiräder. Da viele diese Regelungen ignorierten und sie von der Vorgängerregierung nicht durchgesetzt wurden, soll das Tankverbot die Einhaltung erzwingen.
Am Kernproblem vorbei
Laut Berichten sind etwa 100.000 Fahrzeuge in dem Stadtstaat mit rund 21,5 Millionen Einwohnern betroffen. Das weist schon darauf hin, dass nicht allein die Autos das Smog-Problem verursachen: Das ist auch auf die Kohleverbrennung sowie darauf zurückzuführen, dass in der Industrie keine wirksamen Schadstoffkontrollen durchgeführt werden. Die Herbst- und Wintermonate sind besonders schlimm, nicht nur, weil gerade in armen Vierteln natürlich alles zur Wärmeerzeugung verbrannt wird, was entbehrlich ist (etwa Dung, Gras und Holz), sondern auch, weil dann die Ernterückstände auf den Feldern im Umland verbrannt werden. Diese Wolken ziehen ins Stadtgebiet und verstärken das Smog-Problem immens.
Leichter als auf Industrie und Landwirtschaft einzuwirken, scheint es jedoch zu sein, den Autofahrern an den Kragen zu gehen. Die Besitzer der alten Fahrzeuge sind gezwungen, ihre Autos zu verschrotten oder außerhalb Delhis zu verkaufen. Die Regierung unterstützt die Verschrottung alter Fahrzeuge mit einer Prämie von fünf Prozent des Kaufpreises eines neuen Autos. Zusätzlich wird der Kauf von Elektrofahrzeugen attraktiver gestaltet: Käufer erhalten eine Förderung von etwa 1.600 Euro sowie Zugang zu einem kostenfreien Ladenetz in der Stadt. Dass insbesondere die ärmere Bevölkerung sich so einen teuren Stromer leisten kann, darf bezweifelt werden. Mutmaßlich wird man sich eher um kreative Wege bemühen, trotzdem Sprit ins alte Fahrzeug zu bekommen.
Das Tankverbot ist Teil einer Initiative der Landesregierung im Kampf gegen die Luftverschmutzung. Bis Dezember 2025 sollen etwa 90 % der Busse durch Elektrobusse ersetzt werden, mit einer Zielvorgabe von 8.000 Elektrobussen bis 2026. Zudem müssen alle Hochhäuser, Hotels und Geschäftskomplexe in der Hauptstadt zur Reduzierung der Luftverschmutzung „Anti-Smog Guns“ installieren. Diese Anti-Smog-Kanonen (ASGs) sprühen feine Wassertröpfchen in die Atmosphäre, um kleinste Staub- und Schadstoffpartikel zu absorbieren. Sie sollen die Luftverschmutzung reduzieren, indem sie diese Schadstoffe binden und zusammen mit Wasser auf den Boden herunterbringen. (Es gibt in Indien seit Langem Bestrebungen zu einem umfassenden Einsatz des umstrittenen Cloud Seedings, um Regenfälle auszulösen.) Außerdem ist die Aufforstung von Brachland geplant.
Die Europäische Union hat ein Verbrenner-Aus ab 2035 beschlossen. Ab diesem Zeitpunkt dürfen nur noch abgasfreie Neuwagen zugelassen werden. Bisher gibt es kein Datum, ab dem alte Verbrenner nicht mehr gefahren werden dürfen. Das kann sich aber ändern, die sogenannten Klimaziele in der EU und auch in Deutschland wurden in den letzten Jahren bereits verschärft und unter dem Deckmantel Klimaschutz dürften sich auch radikale Maßnahmen durchsetzen lassen. Ob Indiens Kampf gegen alte Autos die Eurokraten auf Ideen bringt?