Explodierende Strompreise, staatlich gestützte Energieversorger und Millionen überzahlter Rechnungen: Der Jurist und Verbraucherschützer Dr. Peter Kolba zeigt im Gespräch mit Report24-Chefredakteur Florian Machl, wie sich jetzt Bürger mit Hilfe von Sammelklagen gegen mutmaßlich widerrechtliche Strompreise des Jahres 2022 zur Wehr setzen können. Und er erklärt, warum viele von der Politik gewollte Gesetze nie das Papier wert waren, auf dem sie standen.

Sammelklagen gelten in Österreich als juristisches Fremdwort – und sind doch möglich. Kolba, nahezu sein ganzes Leben als Verbraucherschützer tätig, schildert eingangs, wie über sogenannte Anspruchsabtretungen und mit Hilfe von Prozessfinanzierern Geschädigte gemeinsam gegen Großkonzerne vorgehen können. Eigentlich kennt das österreichische Recht die Sammelklage, speziell nach US-Modell, nicht.

Doch es gibt einen rechtssicheren Weg, bei dessen Entwicklung er vor etwa 25 Jahren aktiv beteiligt war – und der nun noch effizienter wurde. Schon vor Jahren sei dies bei massenhaften Reise-Schäden erfolgreich gelungen. Die Idee: Der Schadenverursacher soll seine unrechtmäßig erzielten Gewinne wieder herausgeben müssen.

Herbst 2022: Trotz angeblicher „100 % sauberer Wasserkraft“ explodieren in Österreich die Strompreise. Unternehmen wie der Verbund erwirtschaften Milliarden. Die Politik beschwichtigt, verweist auf „Marktgesetze“ und verabschiedet Gesetze, die Preiserhöhungen „sachlich rechtfertigen“ sollen. Doch wie Kolba erklärt, wurde dabei oft nicht einmal das umgesetzt, was angeblich beschlossen wurde.

Der Fall des Verbundkonzerns ist exemplarisch: Ein Tochterunternehmen produziert Strom günstig mit Wasserkraft. Ein zweites verkauft ihn zum Börsenpreis weiter. Das dritte liefert ihn zum hohen Preis an die Endkunden. Ergebnis: Riesige Gewinne für das erste Unternehmen, angebliche Verluste beim dritten – und milliardenschwere Dividenden für den Staat, der 51 % des Verbund hält.

Der Staat verdiente doppelt mit

Kolba wirft der Politik vor, nicht nur nichts gegen diese Preisgestaltung unternommen zu haben, sondern über Dividenden auch noch massiv profitiert zu haben – auf Kosten der Bürger. Die „Strompreisbremse“ sei in Wahrheit eine Subvention für die Energieversorger gewesen, finanziert durch die Steuerzahler selbst.

Mit der neuen EU-Verbandsklagerichtlinie gibt es nun ein Instrument, das Verbrauchern eine Stimme gibt: die Abhilfeklage. Voraussetzung: mindestens 50 gleichartig Betroffene. Kolba hat über den Verbraucherschutzverein bereits Klagen gegen die EVN, den Verbund und die Energie Burgenland eingebracht. Wer mitmachen will, muss sich rechtzeitig melden – denn nur wer sich innerhalb der Frist anschließt, kann vom Ergebnis profitieren.

Der rechtliche Gegenschlag: Abhilfeklagen

Teilnehmen kann jeder, der 2022 überhöhte Energiepreise bezahlt hat. Die Kosten belaufen sich auf bescheidene 60 Euro (als Mitglied oder Einmalbeitrag), das finanzielle Risiko trägt ein Prozessfinanzierer – im Erfolgsfall erhält dieser 30–35 % des erstrittenen Betrags. Die restliche Summe geht an die Betroffenen. Würde man als Einzelperson klagen, wäre das Kostenrisiko enorm, möglicherweise sechsstellig. Wichtig: Nach Klagezulassung beginnt ein kurzes Zeitfenster von drei Monaten, in dem sich weitere Geschädigte anschließen können.

Die bisherige Berichterstattung über diese Möglichkeiten ist ausbaufähig. Aktuell würden EVN-Mitarbeiter in Niederösterreich bereits Hausbesuche machen, um Betroffene durch “gute Angebote” von Sammelklagen abzuhalten. Viele wüssten nicht, dass ihnen mehr Geld zusteht als durch die derzeit beworbenen Vergleichsangebote.

Fazit: Jetzt handeln – bevor es zu spät ist

Kolba appelliert an die Bürger, nicht zu resignieren: Auch wenn solche Prozesse Jahre dauern können, gebe es nun ein effektives Mittel, sich zu wehren – und möglicherweise sogar zu bewirken, dass strukturelle Probleme dauerhaft beseitigt werden. „Wer nichts tut, verliert sicher“, lautet seine nüchterne Einschätzung.

Wer zu den Betroffenen zählt, sollte sich sofort beim Verbraucherschutzverein melden. Wer bereits einen ungünstigen Vergleich unterschrieben hat, kann davon innerhalb einer gewissen Frist zurücktreten und sich dennoch der Sammelklage anschließen. Es ist eine einmalige Chance für zehntausende Konsumenten, sich gegen ungerechte Preistreiberei zu wehren.

Alle Informationen unter: https://www.verbraucherschutzverein.eu/



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Von Veritatis

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