Die deutsche Industrie leidet nicht nur unter dem allgemeinen Klimawahn, sondern auch unter den geopolitischen Konflikten und Jahrzehnten an fehlgeleiteter Energie-, Industrie- und Wirtschaftspolitik. Nun geraten die deutschen Autobauer in eine prekäre Lage, da es infolge von Exportbeschränkungen durch Peking zu Nachschubproblemen bei den Seltenen Erden kommt.
Was wir derzeit beobachten, ist nicht einfach eine wirtschaftspolitische Auseinandersetzung zwischen den globalen Mächten. Es ist die Entlarvung einer gesamten westlichen Industriestrategie, die jahrzehntelang auf kurzfristige Gewinne, neoliberale Ideologie und die irrige Vorstellung von „Win-Win-Globalisierung“ gebaut war – und nun von der Realität eingeholt wird. Die Entscheidung der chinesischen Führung im April 2025, die Exportkontrollen für strategisch unverzichtbare Seltene Erden drastisch zu verschärfen, ist nichts weniger als ein geopolitischer Schlag in das industrielle Herz Europas – und insbesondere Deutschlands.
Die Bundesregierung, blind vor technokratischem Fortschrittsglauben und dem Dogma der grünen Wende, hat die Abhängigkeit von China nicht nur billigend in Kauf genommen – sie hat sie institutionalisiert. Während in Sonntagsreden von „Resilienz“, „strategischer Autonomie“ und „De-Risking“ fabuliert wird, stehen Automobilriesen wie Volkswagen, BMW und Mercedes-Benz vor der vielleicht existenziellsten Krise ihrer Geschichte. Denn der Motor der deutschen Wirtschaft – der Export industrieller Hochtechnologie – benötigt genau jene Rohstoffe, die Peking nun unter Verschluss hält: Dysprosium, Neodym, Terbium – Schlüsselbestandteile für Elektromotoren, Batterien und militärische Systeme.
Ein kontrollierter Schachzug, keine Panikreaktion
Wer glaubt, dass Chinas Maßnahme lediglich eine reflexhafte Reaktion auf Donald Trumps jüngste Zollschikanen sei, verkennt das Bild völlig. Die Exportbeschränkungen für sieben der kritischsten Seltenen Erden sind kein wütender Affekt – sie sind Teil einer langfristig vorbereiteten Strategie, deren Grundstein bereits in den 1980er Jahren gelegt wurde. Während westliche Konzerne ihre Minen schlossen, Umweltstandards hochfuhren und sich auf „Dienstleistungsgesellschaften“ verließen, baute China seine Vormachtstellung im Rohstoffsektor systematisch aus – durch staatliche Lenkung, Subventionen, Monopolisierung, und wenn nötig, durch Dumpingpreise, die westliche Konkurrenz vom Markt fegten.
Heute kontrolliert China nicht nur den allergrößten Teil der globalen Produktion schwerer Seltener Erden, sondern auch fast die ganze Veredelung und Magnetfertigung. Diese Dominanz ist keine Laune der Geologie – sie ist das Resultat entschlossener, langfristiger Industriepolitik in einem autoritär-planwirtschaftlichen System. Ironischerweise ist es gerade dieser strategische Planungswille, der dem Westen seit Jahrzehnten fehlt – ersetzt durch Börsenkursfixierung, Profitmaximierung und eine fatale ideologische Hörigkeit gegenüber dem „freien Markt“.
Industriegiganten zwischen Beschwichtigung und Ratlosigkeit
Die Reaktionen der deutschen Automobilindustrie lesen sich wie das Drehbuch einer sich selbst hypnotisierenden Führungsklasse. Mercedes-Benz erklärt, man prüfe die Situation und sei im engen Austausch mit Lieferanten. BMW betont, die Lage werde „kontinuierlich evaluiert“. Volkswagen gibt sich gar gelassen – man beschaffe Seltene Erden ja nicht direkt. Es ist eine Mischung aus beschwichtigendem PR-Jargon und gefährlicher Realitätsverweigerung. Denn die Fakten liegen offen auf dem Tisch: Die Lagerbestände reichen noch einige Wochen, dann droht die Fertigung zu erlahmen – und mit ihr der Stolz der deutschen Wirtschaft.
Noch frappierender ist: Diese Entwicklung kommt nicht überraschend. Spätestens seit der Exportblockade Chinas gegenüber Japan im Jahr 2010 war klar, welches geopolitische Potenzial die Kontrolle über kritische Rohstoffe birgt. Doch statt die Warnzeichen ernst zu nehmen, verharrte Berlin – ebenso wie Brüssel, London und Washington – im wohligen Dämmerschlaf eines globalistischen Irrglaubens. Das Ergebnis: Europas Industrie hängt heute an chinesischen Tropfleitungen, deren Hahn jederzeit zugedreht werden kann.
Deindustrialisierung im grünen Mantel
Das Mantra der letzten 30 Jahre – Kostensenkung, Globalisierung, schlanke Produktion – wird nun zum Bumerang. Die deutsche Wirtschaft hat ihre industrielle Basis ausgelagert, ihre kritische Infrastruktur vernachlässigt und sich in eine ideologisch überhöhte Energiewende verrannt, die von außenpolitischen Realitäten keinerlei Notiz nahm. Der erzwungene Übergang zur Elektromobilität – forciert durch Brüssel und Berlin – ist ohne eine sichere Versorgung mit Seltenen Erden (und anderen wichtigen natürlichen Ressourcen) schlicht nicht realisierbar. Und genau hier liegt die perfide Ironie der Situation: Europa zwingt seine Industrie in eine technologiepolitische Einbahnstraße – und überlässt das nötige Rohstofffundament einem autoritären Staat mit völlig konträren Interessen.
Ein geopolitisches Erwachen – zu spät?
Was jetzt folgen müsste, ist ein radikales Umdenken. Die Wiederherstellung industrieller Souveränität kann nicht durch Lippenbekenntnisse oder „Task Forces“ erreicht werden, sondern nur durch eine massive Neuausrichtung der Wirtschafts- und Rohstoffpolitik. Das bedeutet: heimische Förderprojekte trotz Umweltlobby, strategische Partnerschaften mit rohstoffreichen Staaten außerhalb der westlichen Sanktionsblase, gezielte Subventionierung von Verarbeitungskapazitäten – kurz: eine Abkehr vom marktradikalen Dogma, das den Westen blind gemacht hat.
Für die USA mag dies noch realistisch sein – sie verfügen zumindest über eigene Seltene-Erden-Vorkommen und militärisch motivierte Investitionsmechanismen. Europa jedoch hat jahrzehntelang alles geopfert, was einer ernstzunehmenden Industriepolitik den Boden bereiten könnte. Was bleibt, sind Sonntagsreden über grüne Transformation, während die realen Machtverhältnisse an China übergegangen sind – mit dem Segen der eigenen politischen Klasse.
Ein Preis für Arroganz und Kurzsichtigkeit
Chinas Rohstoff-Waffe ist mehr als ein taktischer Gegenschlag. Sie ist der Spiegel, den Peking dem Westen vorhält – ein Spiegel, der zeigt, wie fahrlässig ganze Gesellschaften ihre strategischen Grundlagen verspielt haben. Es ist der Preis für eine Politik, die sich auf Illusionen stützte, statt auf nationale Interessen. Wer weiterhin glaubt, man könne eine moderne Industrie ohne Kontrolle über ihre Rohstoffbasis aufrechterhalten, irrt sich – mit möglicherweise katastrophalen Folgen.