Am Dienstag stellte Bundesinnenminister Alexander Dobrindt den Verfassungsschutzbericht 2024 vor. Enthalten sind neben den üblichen Kategorien von Rechts- und Linksextremismus sowie Islamismus und ausländischem Extremismus auch die vor einigen Jahren neu eingeführte Einstufung von „verfassungsschutzrelevanter Delegitimierung des Staates“.

Entsprechende Akteure würden „demokratische Entscheidungsprozesse und Institutionen verächtlich“ machen und dazu aufrufen, „behördliche oder gerichtliche Anordnungen und Entscheidungen“ zu ignorieren. Der Verfassungsschutz selbst gibt dabei zu, dass es den jeweiligen Personen gar nicht um eine „offene Ablehnung der Demokratie“ gehe, sondern „eine ständige Verächtlichmachung von und Agitation gegen demokratisch legitimierte Repräsentantinnen und Repräsentanten sowie Institutionen des Staates“.

Gerade wegen dieser breiten Definition, die Gefahr läuft, scharfe Regierungs- beziehungsweise Staatskritik ins Visier zu nehmen, steht die Aufführung dieser Kategorie immer wieder in der Kritik. Die Behörde selbst begründet die Beobachtung dieser sogenannten Delegitimierer mit einem vermeintlichen Untergraben der „demokratischen Ordnung“, indem diese das „Vertrauen in das staatliche System insgesamt“ erschüttern und „so dessen Funktionsfähigkeit“ gefährden würden.

Zunächst ist aber der Verfassungsschutz in diesem Jahr recht froh, dass die Personenzahl im Delegitimierer-Spektrum weiter gesunken sei – durch den Wegfall der COVID-Maßnahmen fehle es an starken Mobilisierungsgründen. Stattdessen hätten sich die „verfassungsschutzrelevanten Delegitimierer“ aber neue Themen gesucht: Darunter falle etwa die „Forderung nach einer ‚Aufarbeitung‘ der Coronapandemie“, „staatliche Klimaschutzmaßnahmen“, der Ukraine-Krieg oder die „angebliche Gefahr einer staatlichen Totalüberwachung der Bevölkerung“. Dies seien die neuen „Entwicklungstendenzen“ der Delegitimierer-Szene.

Weil „einige Personen“ im Bereich der „verfassungsschutzrelevanten Delegitimierung des Staates“ ihre „Informationen zu politischen und sozialen, aber auch zu alltäglichen Fragen“ nur aus „szenetypischen“ Medien beziehen würden, bestehe die „Gefahr einer Radikalisierung von Gruppen oder Einzelpersonen“. Mehr als ein Sechstel der Staatsdelegitimierer sei gewaltbereit, so die Behörde.

Klar ist nach Lesen des Berichts vor allem: Beim „Delegitimiererspektrum“ bleibt der Verfassungsschutz höchst schwammig. Inwiefern die Behörde so nun etwa radikale Verfechter einer Corona-Aufarbeitung als „Staatsdelegitimierer“ einstuft, bleibt offen. Bei anderen Kapiteln etwa zu „rechtsextremer Queerfeindlichkeit“, wo der Dienst zum Beispiel das Ansehen einer „traditionellen Kernfamilie“ als alternativlos aufführt, erwähnt die Behörde zumindest, dass dies per se keine extremistische Äußerung sei, sondern nur von Rechtsextremen in Kombination mit Rassismus vereinnahmt werde. Bei den zur Staatsdelegitimierung aufgeführten „Entwicklungstendenzen“ bleiben solche Klarstellungen aus.

st





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Von Veritatis

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