Dank eines Kompromisses zwischen CDU und SPD könnte statt Frauke Brosius-Gersdorf die Juraprofessorin Ann-Katrin Kaufhold Vizepräsidentin des Bundesverfassungsgerichts werden. Dirk Wiese, der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, sagte der FAZ am Dienstag, dass Kaufhold „aus unserer Sicht eine gute Wahl“ wäre. Dennoch würde der Bundesrat „souverän“ darüber entscheiden, wer Vizepräsident wird. Sollte es nicht Brosius-Gersdorf werden, übernimmt trotzdem eine Frau mit radikalen Positionen das Amt – insbesondere in Bezug auf das Thema Klimaschutz.

Kaufhold ist an der juristischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München als Professorin tätig. Sie ist Teil der Forschungsgruppe „Die institutionelle Architektur für eine 1,5 °C-Welt“. In einem Interview mit der Universität sagte sie am 22. Mai 2023: „Wenn wir über eine gesamtgesellschaftliche Transformation sprechen, und die braucht es, dann müssen wir an allen Stellschrauben drehen“.

Das könne nicht einer einzelnen Institution übertragen werden. Auf die Frage, welche Institutionen eine Klimapolitik „aktiv“ gestalten könnten, antwortet sie: „Natürlich denkt man in solchen Fragen zunächst an Parlament und Regierung. Wir stellen aber leider fest, dass sie das Thema nicht schnell genug voranbringen.“ Man müsse schauen, wie „man das Tableau der Institutionen erweitert.“ Als Beispiele nennt sie Gerichte und Zentralbanken. 

Ein Defizit von Parlamenten sei, dass sie auf eine Wiederwahl angewiesen seien und darum dazu tendieren würden, „unpopuläre Maßnahmen nicht zu unterstützen“. Zugleich träfen im Parlament getroffene Entscheidungen oft auf eine breite Zustimmung in der Bevölkerung. „Gerichte oder Zentralbanken, auf der anderen Seite, sind unabhängig. Damit eignen sie sich zunächst einmal besser, unpopuläre Maßnahmen anzuordnen.“ 

Gerichte würden deutlich machen, dass „Klimaschutz auch eine menschenrechtliche Dimension hat“. In Bezug auf das Verfassungsgericht sagte sie, dass es wichtig sei, dass andere Institutionen die Urteile auch umsetzen. Man könnte nicht dauerhaft gegen die Mehrheitsmeinung der Bevölkerung entscheiden. „Damit will ich natürlich nicht sagen, Gerichte sollten darauf schielen, was die Mehrheit von ihnen erwartet“, schränkte sie ein. 

Außerdem forderte sie, dass privates Kapital in „klimaschützende Maßnahmen“ investiert werden solle. Denn die angeblich nötigen Investitionen von zweieinhalb Billionen Dollar pro Jahr könnten nicht alleine über öffentliche Investitionen getätigt werden. Es müssten Anreize geschaffen werden, damit es zu privaten Investitionen komme. Problematisch sei, dass derzeit Finanzinstitute Risikobewertungen für Investitionen vornehmen. Sie würden auf Erfahrungen basieren, aber letztlich eine „politische Zielsetzung“ betreiben. 

Stattdessen fordert Kaufhold, dass der Entscheidungsprozess über Investitionen „demokratisiert“ werden müsse. Sie lobte die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, das Klimaschutz einfordere. „Wenn wir zu lange mit klimaschützenden Maßnahmen warten würden, müssten diese so massiv und einschneidend sein, dass von den Freiheitsrechten der Bevölkerung nicht mehr viel übrigbliebe.“ Daher sei der Gesetzgeber gefordert, vorausschauend zu handeln. 

Die Forschungsgruppe will untersuchen, wie politische Institutionen wie das EU-Parlament mit dem Klimaschutz umgehen und wie Organisationen dies tun, die sich ausschließlich mit dem Klimaschutz befassen. Beides soll miteinander verglichen werden. Anschließend sollen aus den Ergebnissen Reformvorschläge für Parlamente abgeleitet werden. Sollte Ann-Katrin Kaufhold am Freitag zur Verfassungsrichterin gewählt und tatsächlich zur Vizepräsidentin ernannt werden, könnte sie ihr Amt dazu nutzen, die radikale Klimapolitik in den von ihr anvisierten Institutionen voranzutreiben.





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Von Veritatis

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