Das Bundeskriminalamt sammelt seit Jahren die Reisedaten von Oppositionellen. Tausende kritische Bürger wurden zudem ohne Rechtsgrundlage präventiv auf internationale Fahndungslisten gesetzt. Das BKA möchte bei jeder Kontrolle durch die Polizei in einem anderen Land wissen, wo sich die besagte Person konkret aufhält. Derartige Methoden kannte man bisher eigentlich nur vom Ministerium der Staatssicherheit der DDR.
von Michael Brück
Seit mehreren Jahren setzen die Behörden gegen politisch Oppositionelle zunehmend auf Ausreiseverbote. Einst begonnen gegen die traditionelle, „alte“ Rechte, wird dieses Werkzeug zunehmend gegen neurechte Organisationen aus dem metapolitischen Vorfeld eingesetzt. Und vermutlich bald auch gegen Parteien wie die AfD selber. Was bei all der verständlichen Empörung in der Debatte bisher untergegangen ist: Neben Ausreiseverboten sind willkürlich wirkende Fahndungsausschreibungen, die das BKA über eine kaum bekannte Abteilung europaweit gegen „Rechte“ vornimmt, ohne dass irgendein Straftatsvorwurf im Raum steht, ein zunehmendes Problem, was mit viel Ärger für die Betroffenen verbunden sein kann.
Die „Nationale Zentralstelle SIRENE“ beim BKA
Konkret hat das Bundeskriminalamt über die „Nationale Zentralstelle SIRENE“, welche die Daten allen Ländern im Schengen-Raum zur Verfügung stellt, tausende „Rechte“ zur Fahndung ausgeschrieben. Dafür gibt es 7 Fahndungskategorien, neben üblichen Fahndungen nach Straftätern greift hier die Kategorie „Präventivausschreibungen“ – das heißt, es liegt überhaupt nichts vor, aber das BKA möchte bei jeder Kontrolle durch die Polizei in einem anderen Land wissen, wo sich die Person aufhält. Mutmaßlich, um diese Daten dann mit anderen Behörden, z.B. dem Verfassungsschutz, zu teilen.
Das läuft dann konkret so ab, wie jüngst bei einer Reise von mir im März nach Rumänien:
Ich betrete den Flughafen, wo zufällig Personen in der Empfangslobby kontrolliert werden, der Ausweis wird jeweils gescannt und es dauert ein paar Sekunden. Der freundliche Polizist spricht mich an, bittet um den Perso, „One moment, please“, heißt es. Der Moment wird länger, die Augen größer, der Polizist scrollt und scrollt auf seinem Lesegerät. Da ich dieses Prozedere seit einigen Jahren kenne, gestalte ich pro-aktiv das Gespräch „You have to ask me questions.“, der Polizist sichtlich erleichtert: „Yes, I see, you know this.“ Natürlich, nur zu genüge. Danach folgen die Fragen des Polizisten, was ich in Rumänien gemacht habe, mit wem ich mich dort getroffen habe und wohin meine Reise jetzt gehen soll. Anschließend kann ich meinen Weg ganz normal fortsetzen, in dem Fall war es eine entspannte Kontrolle.
Schikanöse Grenzkontrollen als neuer Dauerzustand
Sowas kann aber auch anders laufen: Bei einem Roadtrip im Herbst 2024 sind ein paar Kollegen und ich per Auto in den Irak gefahren – bei der Gelegenheit haben wir die meisten südosteuropäischen Länder gleich mitgenommen. An fast jeder EU-Außengrenze gab es massive Kontrollen (während andere Reisende problemlos passieren konnten!) und sichtlich aufgeschreckte Grenzbeamte, die ja nur den Fahndungsvermerk sehen, denken, es hier mit Schwerverbrechern zu tun zu haben und wild telefonieren, ehe sich das Ganze dann irgendwann aufklärt, manchmal eine halbe Stunde später. Einer meiner Freunde fragte bei solch einer Endlos-Kontrolle bei der Einreise nach Kroatien (aus Bosnien kommend), warum es denn ständig zu diesen Kontrollen käme. „You should better know why“, antworte der Grenzer. Ein kleines Geschenk der Bundesrepublik, um den Aufenthalt von Dissidenten im Ausland möglichst schikanös zu gestalten.
Unklar, wie viele Menschen bisher betroffen sind
Bisher ist völlig unklar, wie viele Personen unter diese sogenannte „Präventivausschreibungen“ fallen (mehr dazu übrigens hier), es dürften aber, was sich durch Rückmeldungen, wer so alles in den letzten Jahren von diesen Maßnahmen betroffen war, erahnen lässt, tausende sein. Und auch die Rechtslage, auf die sich das BKA bei seinen Ausschreibungen, die für den Betroffen mit einigem Ärger im Ausland verbunden sind, stützt, ist mehr als fragwürdig.
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